Zendepot Blog

Wie denkst du (wirklich) über Geld?

Letzte Aktualisierung
7. Feb. 2021

Unsere Einstellung zu Geld kommt nicht aus dem Nichts. Sie ist vielmehr erlernt.

Hast du dich schon einmal gefragt, wie du zu deiner jetzigen Sicht der Dinge gekommen bist?

Wie bist du zu den Wertvorstellungen gelangt, die deinen heutigen Umgang mit Geld prägen?

In diesem Artikel gehen wir der Sache auf den Grund …

Der Einfluss der Eltern

Ohne Zweifel beeinflussen uns unsere Eltern mit ihrem Verhalten und ihrer Weltsicht, ohne dass wir uns dessen bewusst wären.

In Ihrem Buch „Gestatten: ICH“ schreibt die Psychologin Katharina Ohana:

„Wir integrieren unseren Eltern in unsere werdende Persönlichkeit – und wundern uns dann später darüber, dass wir ihnen so ähnlich geworden sind. […]

Nie wieder sind wir emotional so offen und abhängig wie in unserer Kindheit, nie wieder lernen wir so schnell und so viel.

Und nie wieder hat jemand so großen Einfluss auf uns wie unsere Eltern und ihre Regeln, ihre Liebe, ihr Richtig und Falsch.“

Unser erstes Umfeld, die Familie also, beeinflusst demnach maßgeblich, was wir als wertvoll betrachten und welche Ziele wir für erstrebenswert halten.

Letztlich entscheidet der Zufall über diese Prägung: Denn die Familie kann man sich (leider) nicht aussuchen.

Deine jetzige Einstellung zum Geld ist also zu einem guten Teil davon bestimmt, wie deine Eltern mit Geld umgegangen sind und wie sie darüber gedacht haben.

Wenn du dich zurückerinnerst …

Wurde in der Familie unbefangen über finanzielle Angelegenheiten gesprochen oder war Geld eher ein Tabuthema?

War immer genug Geld da oder war Mangel ein (omipräsentes) Thema?

Welchen Stellenwert hatte Konsum? Welchen das Sparen (sprich: der Konsumverzicht)?

Wer hat das Geld in der Familie verdient? Wer hat es verwaltet? Wer hat bestimmt, wofür es ausgegeben wurde?

Waren Schulden ein Thema?

Welchen Stellenwert spielten Immobilien im Allgemeinen und das Eigenheim im Speziellen?

Wurde über Aktien und Börse gesprochen? Wenn ja, eher positiv oder negativ?

Nimm dir die Zeit, über diese Fragen einmal in Ruhe nachzudenken …

In welchen Punkten stimmst du heute mit deinen Eltern überein? Wo nimmst du eine gänzlich andere Position ein?

Es geht übrigens nicht darum, sich auf Teufel komm raus von den finanziellen Werten seiner Eltern zu distanzieren.

Vielleicht war ihr Umgang mit Geld ja offen, entspannt und insgesamt einfach vorbildlich.

Es geht allein darum, sich bewusst zu machen, welche Wertvorstellungen du mehr oder wenig unbewusst von deinem Elternhaus übernommen hast.

Ohne je zu hinterfragen, ob diese zu dir und deinem Lebensentwurf passen.

Die Rolle deiner Freunde

Neben den Eltern spielen Freunde eine wichtige Rolle für unser Verhältnis zum Geld.

Wir sind soziale Wesen und was unser (engeres) Umfeld denkt, ist daher von großer Bedeutung für uns.

Doch wer redet heute schon offen mit seinen Freunden über finanzielle Fragen?

Ist Geld nicht immer noch ein großes Tabuthema – auch unter guten Freunden?

Ja und nein.

Einerseits wissen wir häufig wenig von unseren Freunden, wenn es um nackte Zahlen wie das Monatseinkommen oder den Stand des Gesamtvermögens geht.

Stattdessen ziehen wir indirekt über ihre Kaufentscheidungen Rückschlüsse auf diese beiden Größen.

Wohnung, Urlaubsziele, Kleidung und Autos geben Anhaltspunkte dafür, auf welchem finanziellen Niveau sich unser Umfeld bewegt.

Bei der Auswahl unserer Freunde gilt ganz grob gesagt:

Gleich und gleich gesellt sich gern

Die Wahrscheinlichkeit, dass wir uns auf einem ähnlichen finanziellen Level wie unser engeres Umfeld bewegen, ist also hoch.

Die Wahrscheinlichkeit, dass wir ähnliche Kauf- und Investitionsentscheidungen treffen, ist ebenfalls relativ hoch.

Wie groß der Einfluss deines Freundeskreises auf deine Haltung zu Geld ist und ob es sich lohnt, daran etwas zu ändern, kannst du mit diesen Fragen überprüfen:

Bewundere ich gewisse Freunde für materielle Dinge?

Oder beneide ich sie eher darum?

Wie wichtig sind meinen Freunden Statussymbole?

Wie wichtig sind mir Statussymbole?

Mache ich mir Sorgen, finanziell nicht mit meinen Freunden mithalten zu können?

Teile ich die Meinung meiner Freunde, wie man sein Geld am Besten anlegen sollte?

„Wir müssen bei der Wahl unserer Freunde Mühe auf die Prüfung ihrer Charakteranlagen verwenden, um möglichst unverdorbene zu gewinnen.“
– Seneca

Die öffentliche Meinung

Neben der Familie und unseren Freunden werden wir auch vom aktuellen Zeitgeist beeinflusst.

Um uns zu vergewissern, dass wir „dazugehören“, dass wir ein integraler Teil dieser Gesellschaft sind, gleichen wir unsere Wertvorstellungen mit dem ab, was wir als öffentliche Meinung verstehen.

Diese öffentliche Meinung wird in der heutigen Informationsgesellschaft von den (Mainstream-)Medien geformt und von uns, den Konsumenten leider allzu häufig unkritisch übernommen.

Das Bild, das in den Medien von Geld gezeichnet wird, beeinflusst unsere Wertvorstellungen

Doch man muss nicht mal eine der vielen Hochglanz-Homestories irgendwelcher „Celebrities“ gesehen haben, um zu folgendem Schluss zu kommen:

“Die öffentliche Meinung ist die schlechteste aller Meinungen. Man darf sicher sein, dass jede von der Allgemeinheit geteilte Vorstellung, jede überkommene Idee eine Idiotie ist, weil es ihr gelungen ist, Anklang bei der Masse zu finden”
-Nicolas Chamfort

Man muss es nicht unbedingt so negativ sehen wie der französische Schriftsteller Nicolas Chamfort.

Aber man sollte sich den Einfluss der öffentlichen Meinung auf die eigene Werteordnung zumindest bewusst machen und dann versuchen, diesen Einfluss wirksam zu begrenzen.

Frage dich:

Wie sehr lasse ich mich durch (negative) Meldungen in den Medien runterziehen?

Erkenne ich die Agenda, die hinter alarmistischen Nachrichten steht? Cui bono (wem nützt es?)

Was empfinde ich, wenn ich Nachrichten und Klatsch konsumiere (Angst, Neid, Gier etc.)?

Finde heraus, wer du bist

Deine Haltung zu Geld wird also zu einem guten Teil von Eltern, Freunden sowie der öffentlichen Meinung geprägt.

Trotzdem gilt:

Welchen Wert du Geld beimisst und wie du damit umgehst, liegt letztlich bei dir.

Es kann also nicht schaden, etwas mehr über dich selbst zu erfahren.

Dafür kann ich dir zwei bewährte psychologische Testverfahren ans Herz legen:

1. Das Reiss-Profil

Dieses wurde von dem Psychologen Steven Reiss (1947-2016) entwickelt.

Reiss glaubte daran, dass unsere Wertvorstellungen die Triebkraft für die Psyche darstellen und nicht irgendeine unbewusste Psychodynamik:

„Die Leute sollten aufhören, ihre Eltern oder die unbewussten Anteile ihrer Seele für ihre Schwierigkeiten verantwortlich zu machen; sie sollten aufhören, sich selbst als Opfer ihrer Erziehung zu verstehen.

Stattdessen sollten sie sich klarmachen, wie sie durch ihre unerfüllten Wünsche, durch ihre nicht zum Ausdruck gekommenen Wertvorstellungen und durch ihre Wertekonflikte in Schwierigkeiten geraten.“
– Steven Reiss

Steven Reiss benannte 16 psychologische Grundbedürfnisse (Lebensmotive), welche er als treibende Kraft für die Psyche des Menschen verantwortlich machte.

Er sagte:

„Im Allgemeinen sind positive Emotionen Signale dafür, dass ein Grundbedürfnis zeitweilig befriedigt worden ist, während negative Emotionen anzeigen, dass ein Grundbedürfnis unbefriedigt ist oder befriedigt werden muss.“

Bekanntlich ist jeder Mensch anders, was laut Reiss auf die unterschiedliche Ausprägung der 16 Grundbedürfnisse zurückzuführen ist.

Die individuelle Konstellation bedingt so unterschiedliche Persönlichkeitsmerkmale.

Die Intensität, mit der eine Person jedes der 16 Grundbedürfnisse empfindet, wird als Reiss Motivation Profile bezeichnet.

Im Anhang des Buches findest du ein Arbeitsblatt, mit dem sich eine schnelle Selbsteinschätzung in Eigenregie vornehmen lässt.

Das zweite psychologische Testverfahren, dass ich dir sehr empfehlen kann, ist der …

2. Big-Five Test

Der von dem Psychologen Dr. Lars Satow entwickelte Test zählt zu den bekanntesten Persönlichkeitstests im deutschsprachigen Raum.

Auf dem psychologischen Beratungs- und Informationsportal Psychomeda findest du eine kostenfreie Online-Version des Tests, mit der du wertvolle Aussagen über dein Persönlichkeitsprofil bekommst.

Die Teilnahme nimmt etwa 20 Minuten in Anspruch, im Anschluss bekommst du eine ausführliche Auswertung (auf Wunsch auch per Mail) – alles gratis und anonym.

Aktien und Neurotizismus

Wenn du in Aktien investieren willst oder bereits investiert hast, achte vor allem auf dein Ergebnis in der Persönlichkeitsdimension Neurotizismus.

Die Neurotizismus-Dimension wurde vom Psychologen Hans Jürgen Eysenck eingeführt, der beobachtet hatte, dass sich Menschen auf einem Kontinuum von „ruhig/stabil“ bis „ängstlich/labil“ unterscheiden.

Wenig überraschend dürfte ein niedriger Wert in der Dimension Neurotizismus das Investieren in Aktien erleichtern.

Denn es braucht schon eine gewisse emotionale Stabilität, um die Kursschwankungen des Aktienmarkts aushalten zu können.

Das ist aber nur ein Teilaspekt des Big-5-Test.

Ich bin sicher, du wirst aus dem Testergebnis noch weitere spannende Schlüsse ziehen …

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Autor: Holger Grethe
Holger hat Zendepot Anfang 2013 gegründet und dort als einer der ersten deutschen Blogger regelmäßig über passives Investieren mit ETFs und weitere Finanzthemen informiert. Im Juni 2021 beschloss Holger, das Projekt Zendepot für sich abzuschließen, um sich auf sein Kerngeschäft, die eigene Praxis, zu konzentrieren. Die Beiträge von Holger können jedoch weiterhin im Zendepot-Blog abgerufen werden.
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