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Master of the Universe Doku – Die Parallelwelt der Investmentbanker

Letzte Aktualisierung
14. Nov. 2013

Nachdem ich den Trailer von Master of the Universe gesehen hatte, wusste ich:

Diesen Film musst du sehen.

Und nachdem ich den Film gesehen hatte, war mir klar:

Darüber musst du etwas schreiben.

Hinter dem martialisch klingenden Titel steckt kein Science-Fiction-Kracher, sondern ein faszinierender Dokumentarfilm von Regisseur Marc Bauder.

Master of the Universe gewährt Einblicke in die Kathedralen des Investmentbankings – dort, wo die Milliarden dieser Welt verschoben werden.

Dabei lebt der Film von den Erzählungen eines einzigen Darstellers. Der ehemalige Investmentbanker Rainer Voss, ein echter Brancheninsider also, offenbart vor der Kulisse eines verwaisten Bankgebäudes Innenansichten einer befremdlichen Parallelwelt.

Der Protagonist: Rainer Voss

Der Film startet mit einer packenden Eingangssequenz, in der man den Hauptdarsteller aus dem Off sprechen hört. Er erzählt von einer ritualisierten Arbeitswelt, die von jedem Mitarbeiter bedingungslose Härte gegen sich selbst verlangt.

Dazu gehört auch nächtelanges Durcharbeiten, das wie selbstverständlich von den Vorgesetzten erwartet wird:

Grenzenlose Arbeitsbereitschaft und bedingungsloser Gehorsam finden sich sicherlich nicht nur in der Investmentbranche. Auch in manchen Krankenhäusern sowie in großen Anwalts- und Beraterkanzleien zählt man noch immer auf derartige „Tugenden“.

Da drängt sich die Frage auf: warum tun sich Menschen so etwas an?

Rainer Voss begründet seine Berufswahl – er kam in den 1980ern zum Investmentbanking – mit der Faszination für die Finanzwelt, in der nach der Deregulierung des Finanzsektors alles möglich schien und man sich als Master of the Universe fühlen konnte.

Mittlerweile ist Rainer Voss Privatier, das heißt, er muss nicht mehr arbeiten und kann es sich deshalb erlauben, relativ offen über die Interna einer Branche zu sprechen, die sich ansonsten hermetisch gegen die Außenwelt abriegelt.

Er nennt dabei allerdings keine Namen, wohl um juristischen Auseinandersetzungen mit ehemaligen Arbeitgebern aus dem Weg zu gehen.

Regisseur Marc Bauder musste überhaupt sehr lange in der Investmentbranche suchen, bis er mit Rainer Voss endlich jemanden fand, der bereit war, ihm Auskunft zu geben.

Das System formt den Menschen

Die Banken sorgen gut für ihre Börsenhändler, nehmen ihnen die Unannehmlichkeiten des Alltags ab und sorgen dadurch – ob bewusst oder unbewusst – für deren soziale Isolation:

Voss gibt zu, im Alltag kaum gemeinsame Gesprächsthemen mit ehemaligen Freunden gefunden zu haben. Während diese stolz berichteten, wie es ihnen gelungen sei, 200 Euro bei einer Urlaubspauschalreise einzusparen, waren ihm solche Banalitäten keinen Gedanken wert.

Verständlich, bei einem Einkommen von 100.000 €.

Pro Monat, versteht sich.

„Deswegen mache ich mir auch keine Gedanken darüber, ob das was ich in meinem Job mache, die Deals, die ich abschließe …ob die irgendwelche Auswirkungen auf die Welt da draußen haben.“
Rainer Voss

Der Frage, ob er während seiner Zeit als Investmentbanker ein guter Vater gewesen sei, weicht Voss aus. Auch Regisseur Marc Bauder, der behutsam aus dem Off nachhakt, beißt an dieser Stelle bei seinem Protagonisten auf Granit.

Rainer Voss zeigt in den etwa 90 Minuten des Films ein streckenweise hohes Maß an Selbstreflexion. Man merkt ihm aber an, das er nach wie vor hin- und hergerissen ist.

Auf der einen Seite steckt in ihm noch ein Rest Faszination für die elitäre Finanzwelt, deren Mitglied er lange Jahre war. Auf der anderen Seite gesteht er offen ein, sich insbesondere für seinen letzten Arbeitgeber – eine Bank, die ihn am Ende vor die Tür setzte – zu sehr erniedrigt zu haben.

Denn sie wissen nicht, was sie tun

Rainer Voss hält das Finanzsystem in seiner heutigen Form für so komplex, dass niemand mehr wissen kann, was passiert, wenn an einer der unzähligen Schrauben gedreht wird.

„Für diese Finanzkrisen gibt es keinen Plan B.“
Rainer Voss

Selbst er hält es für absurd, dass die durchschnittliche Haltedauer einer Aktie – bedingt durch den Hochfrequenzhandel – mittlerweile nur noch 22 Sekunden beträgt, während sie vor 20 Jahren noch bei rund 4 Jahren lag:

Rainer Voss erzählt von Stadtkämmerern, die öffentliche Gelder in hochkomplexe Zinswetten investieren, die sie nicht ansatzweise verstehen. Er berichtet vom Herdentrieb in der Branche, durch den sich Banken genötigt sehen, ebenfalls „schwachsinnige“ Finanzprodukte anzubieten, wenn die Konkurrenz es tut.

Über all diese Absurditäten spricht Voss in einer sehr unterhaltsamen und erstaunlich verständlichen Sprache. Im Film gelingt ihm das, wozu die Mehrheit seiner (ehemaligen) Kollegen offensichtlich nicht fähig oder nicht willens ist:

Er erklärt das vermeintlich Unerklärliche und verhilft dem Zuschauer zu einem differenzierteren Blick auf das Finanzsystem.

Denn mitnichten arbeiten dort nur böse Menschen, die nichts anderes im Sinn haben, als Otto Normalsparer zu ruinieren.

Die Finanzwirtschaft folge eben einer anderen Logik als die „Zivilgesellschaft“.

So erklärt Voss schulterzuckend die bestehende Kluft zwischen der Welt der Normalsterblichen und der Investmentbranche, die in völlig anderen Sphären zu schweben scheint.

Die Master of the Universe Doku – unbedingt ansehen!

Marc Bauder zeigt eine Welt aus Glas, Stahl und Beton, in der selbst ein hochqualizierter Investmentbanker nicht mehr als ein Fließbandarbeiter in einer großen Renditefabrik ist. Eine „Legehenne“, wie Rainer Voss die Mitglieder seiner Zunft bezeichnet.

Der Film hat dank stimmungsvoller Bilder und dezenter, melancholischer Musik eine tolle Atmosphäre und mit Rainer Voss einen redegewandten Hauptdarsteller, der die Dinge pointiert auf den Punkt bringt.

Man kann von der Welt, die er beschreibt, halten was man will. Auf jeden Fall versteht man anschließend etwas besser, was hinter den Kulissen der Großfinanz gespielt wird.

Ich fand Master of the Universe richtig gut und kann dir nur wärmstens empfehlen, ihn anzuschauen. Im Mai 2014 ist der Film auf DVD (*) erschienen.

Mittlerweile kann man die Master of the Universe Doku auch in der Mediathek der Bundeszentrale für politische Bildung in voller Länge anschauen.

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Autor: Holger Grethe
Holger hat Zendepot Anfang 2013 gegründet und dort als einer der ersten deutschen Blogger regelmäßig über passives Investieren mit ETFs und weitere Finanzthemen informiert. Im Juni 2021 beschloss Holger, das Projekt Zendepot für sich abzuschließen, um sich auf sein Kerngeschäft, die eigene Praxis, zu konzentrieren. Die Beiträge von Holger können jedoch weiterhin im Zendepot-Blog abgerufen werden.
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