Welcher Geldtyp bist du?
Wir Menschen gleichen uns und sind doch so verschieden. Das betrifft insbesondere unseren Umgang mit Geld.
Lässt sich in Worte fassen, was diese Unterschiede ausmacht?
Gibt es so etwas wie Geldtypen, in denen sich jeder wiederfindet?
Ich habe mir schon häufiger Gedanken über eine Einordnung der unterschiedlichen Anlegertypen gemacht.
Denn Kategorien helfen uns, Unterschiede greifbar zu machen und sie besser zu verstehen. Nicht zuletzt geben sie uns das Gefühl, nicht allein zu sein mit unseren Macken und Eigenheiten.
Irgendwann bin ich zufällig auf ein Buch gestoßen, in dem sich eine wirklich gelungene Anleger-Typisierung findet:
It´s not about the money (*) von Brent Kessel. Dem Autor gelingt es darin, die unterschiedlichen Eigenheiten der Leute im Umgang mit Geld treffend zu beschreiben und zu kategorisieren.
In diesem Artikel stelle ich die acht Archeytpen vor, die Kessel in seinem Buch beschreibt.
Auch wenn die meisten von uns sicherlich „Mischtypen“ sind, wirst du dich ganz sicher in einer der folgenden Kategorien wiederfinden…
Wachhunde
Wachhunde haben in erster Linie Angst um ihr Geld. Völlig losgelöst von ihrer finanziellen Situation malen sie sich ständig aus, was alles schiefgehen könnte.
Sie sind äußerst empfänglich für medial verbreitete Schreckensszenarien und schaffen es kaum, ihre Phantasien von immer neuen finanziellen Abgründen zu kontrollieren.
Im Gegensatz zu den anderen Archetypen fehlt ihnen die emotionale Sicherheit, um sich frei zu entfalten und ihr Leben unbeschwert zu genießen.
In ihren Investmententscheidungen tendieren Wachhunde zu ultrakonservativen Lösungen, was ihnen eher unterdurchschnittliche Renditen beschert. Ironischerweise erhöhen genau diese mageren Renditen die Wahrscheinlichkeit, dass sich Wachhunde in der Zukunft wirklich Sorgen machen müssen.
Aufgrund ihres extrem ausgeprägten Sicherheitsbedürfnis sind sie häufig überversichert. Ihr Verständnis von Risiko verengt sich nicht selten auf bestimmte Aspekte, was dazu führt, dass sie andere wichtige Risiken völlig unberücksichtigt lassen.
Ein typisches Leitmotiv von Wachhunden: Niemals Schulden machen.
Vergnügungssüchtige
Vergnügungssüchtige wollen die Früchte ihres finanziellen Erfolgs genießen. Sie „investieren“ lieber in Eigenheime, Autos und technische Spielzeuge anstatt in virtuelle Besitztümer wie Sparkonten oder Wertpapierdepots.
Ihre innere Stimme sagt ihnen: „Du hast es dir verdient, denn du hast hart dafür gearbeitet.“
Auch wenn der Wunsch nach Genuss ihr Leitmotiv ist, so müssen Vergnügungssüchtige dafür häufig Jobs in Kauf nehmen, die sie eigentlich nicht mögen oder Beziehungen aufrecht erhalten, die mit unangenehmen Kompromissen verbunden sind.
Damit stecken sie gewissermaßen in einem Teufelskreis: Ihre Einkäufe dienen als Belohnung für die Entbehrungen, die sie nur deswegen in Kauf nehmen, um ihre Einkäufe bezahlen zu können.
Die Investmententscheidungen der Vergnügungssüchtigen fokussieren sich auf Wertgegenstände, die einen gewissen Lifestyle-Charakter bieten. Ein größeres Haus zu haben, bedeutet ihnen definitiv mehr als ein größeres Depot.
Aufgrund ihres häufig impulsiven Charakters sind sie anfällig für abrupte Wechsel der Investmentstrategie, was nennenswerte Renditeeinbußen zur Folge hat.
Idealisten
Idealisten sind im Grunde gegen Geld. Finanzielle Angelegenheiten bereiten ihnen Unbehagen und die Vorstellung Geld zu besitzen, macht ihnen ein schlechtes Gewissen.
Ihre innere Stimme sagt ihnen Dinge wie „Geld ist die Wurzel allen Übels“, „Geld macht nicht glücklich“ oder „Das System ist korrupt“.
Zu den Idealisten gehören häufig Künstler, spirituell Suchende sowie Aktivisten unterschiedlicher Coleur.
Sie alle verbindet die Sehnsucht nach einem „einfachen Leben“, in dem Geld keine oder kaum eine Rolle spielt. Die Gedanken der Idealisten scheinen den aktuellen Zeitgeist widerzuspiegeln, der geprägt ist von der Sehnsucht nach alternativen Tauschmitteln (Bitcoins) und Lebensformen (Selbstversorger).
Viele Idealisten fühlen sich den Armen solidarisch verbunden, was ihnen ein schlechtes Gewissen macht, sobald sie selbst über Geld verfügen.
Manche Idealisten (vor allem Künstler) sind so sehr in bestimmte Lebensbereiche involviert, dass sie lieber all ihre Intelligenz und Leidenschaft auf ihre Berufung fokussieren als auf die Beschäftigung mit ihrer finanziellen Situation.
Idealisten sind häufig unterversichert, was entweder von einer generellen Abneigung gegenüber Großorganisationen wie Versicherungsunternehmen herrührt oder daran liegt, dass sie finanzielle Angelegenheiten grundsätzlich meiden bzw. schlicht verdrängen.
Sparer
Im Leben der Sparer steht Geld für Sicherheit, Stabilität und Schutz. Ihre Ersparnisse sind der Grundstein ihrer Existenz.
Aus diesem Grund weisen sie dem Geld eine unangemessen große Rolle in ihrem Leben zu. Dies resultiert in dem teilweise obszessiven Wunsch, ihre Ersparnisse immer wieder zu zählen.
Sparer glauben, dass sie sich irgendwann sicher und geborgen fühlen, sobald sie nur genug Geld angehäuft haben. Es ist das Anhäufen und Bewahren, nicht das (Aus)geben des Geldes, das ihnen Freude macht und sie beruhigt.
Es gibt zwei Subtypen des Sparers: Asketen und Leistungssparer.
Asketen konzentrieren sich primär darauf, durch Verzicht ihre Ausgaben zu minimieren. Leistungssparer erfahren Befriedigung vor allem dadurch, dass sie ihre Ersparnisse wachsen sehen.
Meist unbewusst fürchten Sparer sich stets davor, dass ihr Geld eines Tages zur Neige geht und sie finanziell auf andere angewiesen sind. Angst ist daher mit Abstand ihr größter Motivator.
Aus diesem Grund fällt es Sparern schwer, ihre Einkäufe zu genießen oder gegenüber anderen großzügig zu sein. Finanzielle Verluste bereiten ihnen sprichwörtlich körperliche Schmerzen.
Sparer wissen typischerweise jederzeit wie viel sie verdienen, ausgeben und sparen. Viel zu häufig beschäftigen sie sich mit der Performance ihrer Investments, was sie wiederum dazu verleitet, mehr Änderungen vorzunehmen als ihnen gut täte.
Exzessive Sparer können trotz ihres ausgeprägten Sicherheitsbedürfnisses unterversichert sein, weil sie sich das Geld für die notwendigen Prämien sparen wollen. Die Mehrheit der Sparer dürfte hingegen überversichert sein, um sich vor allen erdenklichen Verlusten zu schützen.
Sparer sind typischerweise erpicht darauf, Steuern zu sparen und verwenden dafür mitunter viel Zeit und Anstrengung.
Ihr Bedürfnis, Geld für einen guten Zweck zu spenden, ist kaum ausgeprägt oder schlicht nicht existent. Sie sind in erster Linie damit beschäftigt, ihre eigene Existenz zu sichern.
Ihr Verhalten lässt Sparer nicht selten wie Geizhälse wirken, dabei ist allein Angst ihr treibendes Motiv.
Stars
Stars kaufen sich von ihrem Geld Anerkennung und Liebe. Typischerweise geben sie große Summen für Kleidung und Beauty-Artikel aus, um ihre physische Attraktivität zu steigern.
Stars unterscheiden sich von den Vergnügungssüchtigen, denn ihre Hauptmotivation besteht weniger in ihrem eigenen Vergnügen als in der Wirkung auf andere.
Ihre Affinität zur aktuellen Mode spiegelt sich auch in ihrem Investmentverhalten wider. Stars setzen bevorzugt auf Trends, wie Technologieaktien in den spätern 1990ern oder aktuell Immobilien und Investments in erneuerbare Energien.
Alles was Stars tun, dient der Image-Pflege. Dementsprechend bevorzugen sie Investments, die neben hohen Renditen auch ein gewisses Sozialprestige versprechen, z.B. Hedge Fonds oder Immobilien in Bestlage.
Arglose
Vielen Menschen fehlt das Wissen und die nötige Konzentration, um ihre finanziellen Angelegenheiten in einer Weise zu regeln, die ihnen langfristig finanzielle Unabhängigkeit verschafft.
Sie widmen sich lieber anderen Dingen, wobei sie nicht wie Idealisten grundsätzlich gegen Geld eingestellt sind.
Es ist eher so, dass sie sich keinen sinnvollen Reim auf Geld machen können und finanzielle Themen ein undurchdringbares Mysterium für sie darstellen. Sie verstehen nicht, wie Geld verdient, gespart und angelegt wird.
Das macht sie anfällig für Lotterien und andere „schnell-reich-werden“-Vesprechen wie beispielsweise Multilevel-Marketing-Systeme.
Die meisten Arglosen lässt es keine Ruhe, sobald ihr Konto im Plus ist. Schnell erfüllen sie sich einen Wunsch, den sie mangels Geld schon länger vor sich hergeschoben haben.
Die Wahrscheinlichkeit, dass Arglose Schulden haben ist ungleich größer als dass nennenswerte Investments vorhanden sind. In der Regel wissen sie mehr über Kreditkonditionen als über Anlagemöglichkeiten.
Kümmerer
Wie der Name bereits verrät, widmen sich Kümmerer lieber dem Wohl anderer als ihrem eigenen. Sie stecken Zeit, Geld und Energie bevorzugt in Aktivitäten, die Familienangehörigen oder Freunden zugute kommen.
Typischerweise sind Kümmerer weiblich und arbeiten in sozialen Berufen, die ihnen viel Zeit und Kraft abverlangen, aber finanziell schlecht entlohnt werden, zum Beispiel in der Kranken- oder Altenpflege.
Ihre Bedeutung für die Gesellschaft ist nicht zu unterschätzen.
Die Wahrscheinlichkeit, dass jeder von uns früher oder später auf das Wohlwollen eines Kümmerers angewiesen sein wird, ist extrem hoch. Ganz sicher wäre die Welt ohne sie ein deutlich ungemütlicherer und kälterer Ort.
Kümmerer leben von der „emotionalen Rendite“ ihres Tuns. Wer viel gibt, bekommt viel zurück, wenn auch nicht in finanzieller Form. Ihr geringes Einkommen führt leider dazu, dass nicht viel Geld da ist, das investiert werden könnte.
Bei der Risikoabsicherung neigen Kümmerer zu den Extremen. Entweder sie sind überversichert (typischerweise mit Lebensversicherungen) aus der Angst heraus, Hinterbliebenen zu große finanzielle Belastungen zuzumuten.
Oder sie sind unterversichert aufgrund ihrer Großzügigkeit gegenüber anderen und der Gewohnheit, die eigenen Bedürfnisse in den Hintergrund zu drängen.
Unternehmer
Unternehmer sind häufig Workaholics, obwohl sich die wenigsten selbst so bezeichnen würden. Verglichen mit all den anderen Geldtypen steht bei ihnen das Gefühl im Vordergrund, das es nie genug ist.
Je größer ihr Imperium ist, desto mehr Lebensfreude und Erfüllung versprechen sich Unternehmer davon. Das sorgt dafür, dass sie einen Großteil ihrer Gedanken der Zukunft widmen. In dieser Zukunft wird alles immer noch besser, größer und schöner sein.
Ihr Fokus liegt nicht darauf, Geld zu besitzen, sondern darauf, Geld zu verdienen. Je mehr Geld sie verdienen, desto freier, machtvoller und bedeutender fühlen sich Unternehmer.
Nicht selten ist es ihr Anliegen, etwas zu schaffen, das bleibt. Sie möchten ein Vermächtnis hinterlassen, für das man sie in Erinnerung behält.
Das Fazit
Was bringt uns nun das Wissen um die verschiedenen Geldtypen?
In erster Linie ist es sinnvoll zu reflektieren, welchem der genannten Typen man am nächsten kommt.
Je größer die Übereinstimmung mit einem der genannten Archetypen, desto eher liegt ein Verhaltensmuster vor, das von Extremen geprägt ist.
Ich halte es für sinnvoll, diese Extreme zu hinterfragen und bewusst gegenzusteuern.
Ausgewiesene Sparfüchse könnten sich beispielsweise überlegen, ob sie nicht mehr Lebensfreude empfänden, wenn sie sich selbst und/oder anderen gelegentlich mal etwas Gutes gönnen würden. Ohne das Geld vorher abzuzählen.
Idealisten könnten sich fragen, ob es ihnen auf Dauer wirklich hilft, wenn sie Geld dämonisieren.
Und Arglose könnten behutsam anfangen, sich mit dem kleinen Einmaleins des Geldes zu beschäftigen. Solltest du wider Erwarten zu dieser Gruppe gehören, dann hast du den ersten Schritt soeben getan:
Du hast diesen Artikel gelesen.
Buchtipp:
Wenn du dich tiefergehend mit den einzelnen Geldtypen beschäftigen möchtest, kann ich ich dir ausdrücklich It´s not about the money (*) von Brent Kessel empfehlen.
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