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ETF Risiken [ETF-Guide #4]

Autor
Holger Grethe
Letzte Aktualisierung
22. Jan. 2017

Im vierten Kapitel dieses Guides erfährst du, welche Risiken mit einem Investment in ETFs verbunden sind.

Wer in ETFs investiert, muss mit den folgenden Risiken umgehen:

Ausfallrisiko durch SWAPs

Bei der synthetischen Nachbildung der Indexentwicklung durch den ETF erstellt die Fondsgesellschaft ein sogenanntes Träger-Portfolio aus Wertpapieren.

Die Wertpapiere dieses Träger-Portfolios müssen mit den Wertpapieren des Index wenig bis gar nichts zu tun haben.

Die Zusammensetzung wird eher unter Gesichtspunkten der Kostenminimierung und Steuervermeidung vorgenommen.

So können beispielsweise in einem DAX-ETF theoretisch ausschließlich US-amerikanische Unternehmen enthalten sein.

Die Wertentwicklung des Träger-Portfolios wird nun mittels eines Tauschpartners, meistens einer Bank, gegen die eigentliche Wertentwicklung des nachzubildenden Index getauscht.

Die Gefahr: Geht der Tauschpartner pleite, ist das Geld der Anleger futsch.

Zumindest ein Teil davon, denn der SWAP-Anteil ist gesetzlich (UCITS Richtlinie) auf höchstens 10 Prozent des Fondsvermögens limitiert.

Weil der Tauschpartner Kontrahent genannt wird, spricht man auch vom Kontrahentenrisiko.

Allerdings werden SWAP-Geschäfte von den Fondsgesellschaften in der Regel gut abgesichert.

Dafür werden mehrere Tauschpartner in den Prozess einbezogen und das Kontrahentenrisiko durch Übersicherung gemindert.

Ein Restrisiko bleibt allerdings:

„Bei Ausfall eines Swap-Partners erleidet der Anleger zwar keinen Totalverlust. Auch die als Sicherheiten hinterlegten Papiere in Swap-ETFs sind Sondervermögen, gehen also an die Anleger.

Die bekommen dann aber bei der Wahl des Weltaktienindex statt 1660 Einzelaktien etwa bei db x-trackers nur 42 Aktien, davon 24 japanische, und bei Comstage nur 27 europäische Aktien, davon 17 deutsche.“

– Quelle: Wirtschaftswoche

Fazit: Das Kontrahentenrisiko bei SWAP-basierten ETFs ist klein, aber vorhanden.

Wer synthetisch replizierenden ETFs nicht über den Weg traut und auf physisch replizierende Produkte setzt, muss sich allerdings mit einem anderen Risiko auseinandersetzen …

Ausfallrisiko durch Wertpapierleihe

Wertpapierleihe bedeutet: Ein ETF-Fonds verleiht für kurze Zeit seine Wertpapiere an andere institutionelle Anleger, um einen zusätzlichen Ertrag zu erzielen.

Der Entleiher muss dafür eine Gebühr zahlen und dem ETF Sicherheiten zur Verfügung stellen.

Als Sicherheiten dienen in aller Regel qualitativ hochwertige Aktien oder Staatsanleihen.

Fallen während des Leihgeschäfts Dividenden oder Zinserträge für das entliehene Wertpapier an, überweist der Entleiher die entsprechenden Beträge an den ETF.

Das Problem der Wertpapierleihe liegt im Ausfallrisiko des Entleihers.

Im Falle einer Insolvenz ist dieser unter Umständen nicht mehr in der Lage, die geliehenen Wertpapiere an den ETF zurückzugeben.

Absicherung der Wertpapierleihe

Für den Fall, dass der Entleihers pleite geht, treffen die Fondsgesellschaften umfangreiche Vorkehrungen.

„Von den Entleihern verlangen wir Sicherheiten im Wert von mindestens 102,5 % der entliehenen Stücke. Die Sicherheiten behalten wir solange, bis der Entleiher die entliehene Aktie bzw. Anleihe zurückgegeben hat.

Außerdem werden die Sicherheiten als Kundenvermögen getrennt von den Vermögenswerten des Entleihers bzw. jenen von BlackRock verwahrt.“

Und weiter:

„Als zusätzlichen Schutz bietet BlackRock eine Entschädigung für seine ETFs bei Zahlungsausfall eines Entleihers: Sollte die gestellte Sicherheit die Kosten zum Rückkauf eines entliehenen Wertpapiers nicht decken, gleicht BlackRock den Fehlbetrag aus.“

Mit anderen Worten: BlackRock garantiert mit seinem Eigenkapital dafür, dass Anlegern aus der Wertpapierleihe keinerlei Schaden entsteht.

Nach eigenen Angaben gab es seit dem Jahr 1981 überhaupt nur drei Ausfälle von Entleihern:

„In allen drei Fällen konnte BlackRock jedes einzelne ausgeliehene Wertpapier mit der bereitgestellten Sicherheit und ohne Verlust für unsere Anleger zurückkaufen.“

Ein paar Fragen bleiben allerdings noch offen:

In welchem Umfang werden Wertpapiere verliehen?

iShares (BlackRock) gibt an, dass der Anteil der entliehenen Wertpapiere im Geschäftsjahr bei durchschnittlich 10 Prozent des Fondsvermögens lag.

Gleichzeitig wird eingeräumt, dass der Anteil auch bis zu 100 Prozent des Fondsvermögens betragen kann.

Der Anbieter HSBC hingegen begrenzt den Anteil der Wertpapiere, die verliehen werden dürfen, auf 20 Prozent des ETF-Vermögens. Bei db x-trackers sind es maximal 50 Prozent.

Was passiert mit dem Erträgen aus der Wertpapierleihe?

Auch in diesem Punkt unterscheiden sich die einzelnen Anbieter. BlackRock beziffert die Kosten für die Wertpapierleihe in seiner Broschüre auf 37,5 Prozent. Demnach fließen 62,5 Prozent der Erträge dem Fondsvermögen zu.

Bei db x-trackers sind es 70-90 Prozent der Erträge, die dem Fondsvermögen und damit dem Anleger zugute kommen, bei HBSC sind es 85 Prozent.

Die Einnahmen aus der Wertpapierleihe kommen also den ETF-Anlegern zu gute. Aber nicht zu 100 Prozent.

Bevor das Wehklagen zu laut wird, sollte man sich eines vor Augen halten:

Die Wertpapierleihe ist keine Erfindung der ETF-Anbieter, sondern ein gängiges Verfahren der gesamten Fondsbranche.

Fazit: Das Risiko durch Wertpapierleihe ist gering, aber vorhanden. Es handelt sich um ein etabliertes und reguliertes Verfahren (siehe OGAW-Richtlinie). Die ETF-Anbieter spannen diverse Fangnetze auf, um ihre Anleger vor Vermögensschäden durch Leihgeschäfte zu bewahren.

Wem das nicht sicher genug ist, findet mittlerweile Indexfonds, die komplett auf Wertpapierleihe verzichten.

Halten wir fest:

Sowohl bei SWAP-basierten ETFs als auch bei physisch replizierenden ETFs, die Wertpapiere verleihen, sitzt eine dritte Partei mit im Boot, die für Ärger sorgen kann.

Als Anleger kannst du frei entscheiden, ob und in welchem Ausmaß du bereit bist, das Ausfallrisiko durch SWAPs bzw. Wertpapierleihe zu tragen.

Ganz einfach indem du entsprechende ETFs meidest, denen du nicht über den Weg traust.

Neben dem Kontrahentenrisiko gibt es noch weitere Risiken, die mit einer Investition in ETFs einhergehen:

Das Wertschwankungsrisiko

Je nach Index und Anlageklasse sind ETF-Anteile kleineren bis größeren Wertschwankungen ausgesetzt.

Wertschwankungen nach oben sorgen für Gewinne und sind selbstverständlich erwünscht.

Wertschwankungen nach unten führen hingegen zu Verlusten.

Diese werden auch Buchwertverluste genannt, weil der Verlust nur „im Buch“ bzw. auf dem (digitalen) Depotauszug steht.

Denn erst wenn im Preis gefallene ETF-Anteile verkauft werden, handelt es sich um realisierte Verluste.

Was uns zum nächsten Punkt führt …

Das Liquiditätsrisiko

Stell dir vor, du brauchst dringend Geld und dein Depot befindet sich genau zu diesem Zeitpunkt im Minus.

Um an Geld zu kommen, wärst du zum Verkauf von ETF-Anteilen gezwungen. Und würdest damit einen vorübergehenden Verlust zu einem „echten“ Verlust machen.

Deshalb sollte dir eines klar sein: Ein ETF-Depot ist kein Tagesgeldkonto!

Insbesondere dann nicht, wenn sich überwiegend Aktien-ETFs darin befinden.

Bei einem Tagesgeldkonto kann man sich ziemlich sicher sein, dass der morgige Kontostand exakt dem von heute entspricht.

Zumindest solang keine Aus- oder Einzahlungen vorgenommen werden.

Bei einem Wertpapierdepot sieht das ganz anders aus. Hier gilt:

Je höher die Aktienquote, desto größer die Wertschwankungen des Depots.

Geld bekommt man zwar immer aus seinem Depot, muss zu bestimmten Zeiten aber mit Verlusten leben.

Es empfiehlt sich daher, jederzeit über genügend liquide Mittel zu verfügen. Geld also, an das du schnell herankommst.

Für diesen Zweck eignet sich ein Tagesgeldkonto wiederum bestens.

Betrachten wir noch ein anderes Risiko, die …

Pleite der Fondsgesellschaft

Glücklicherweise kann in diesem Fall nicht allzu viel passieren, denn ETFs sind Sondervermögen.

Das bedeutet, dass das Kapital der Fondsanleger vom Vermögen der Fondsgesellschaft getrennt ist.

Die Trennung wird sichergestellt, indem die Wertpapiere des ETF bei einer Depotbank verwahrt werden.

Dadurch ist das Sondervermögen auch im Insolvenzfall vor dem Zugriff der Fondsgesellschaft oder ihrer Gläubiger geschützt.

Ebenfalls ein denkbares Risiko, ist die …

Pleite des Online-Brokers

Diese sollte ebenfalls schadlos an dir vorübergehen. Denn ETF-Anteile werden nicht wirklich bei deinem Broker bzw. deiner Online-Bank aufbewahrt.

Sie befinden sich stattdessen beim sogenannten Zentralverwahrer.

In Deutschland ist das Unternehmen Clearstream, eine Tochter der Deutschen Börse AG, für diese Aufgabe autorisiert.

Geht ein Online-Broker pleite, muss der Zentralverwahrer für die betroffene Kunden nur den neuen „Aufenthaltsort“ der Wertpapiere in den Stammdaten umschreiben.

Kein Drama also.

Nachdem wir uns nun eingehend mit den Risiken von ETFs beschäftigt haben, geht es im nächsten Kapital um praktische Überlegungen zum Kauf von ETFs …

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Autor: Holger Grethe
Holger hat Zendepot Anfang 2013 gegründet und dort als einer der ersten deutschen Blogger regelmäßig über passives Investieren mit ETFs und weitere Finanzthemen informiert. Im Juni 2021 beschloss Holger, das Projekt Zendepot für sich abzuschließen, um sich auf sein Kerngeschäft, die eigene Praxis, zu konzentrieren. Die Beiträge von Holger können jedoch weiterhin im Zendepot-Blog abgerufen werden.
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