Zendepot Blog

Binäres Trading: Gier frisst Hirn oder einfach nur Betrug?

Autor
Holger Grethe
Letzte Aktualisierung
17. Mai 2013

Binäres Trading …schon einmal davon gehört beziehungsweise gelesen?

Vielleicht in einer dieser Spam-Mails, die täglich unseren Posteingang verstopfen.

In diesen werden fantastische Gewinne bei Börsengeschäften versprochen, die dazu noch „kinderleicht“ zu erlangen seien.

Auch in diversen Börsenforen ist mir in letzter Zeit eine erhöhte Nachfrage nach gewissen „Anlageformen“ aufgefallen, die schnellen Reichtum „mit nur wenigen Klicks“ versprechen.

Worum geht`s bei diesen Geschäften und was ist davon zu halten?

Der Köder

In ihrer Machart richten sich die Mails und die darin verlinkten Videos gezielt an unerfahrene Anleger, die mit der Idee vom schnellen Euro geködert werden sollen.

Eine vermeintliche Privatperson betont in einer der Mails ausdrücklich, dass man wirklich null Plan haben muss, um an der Börse ganz schnell ganz dick Kasse machen zu können. Zitat:

„Stellen Sie sich vor, Sie wüssten gar nichts über den Aktienmarkt! Jetzt gehen Sie hin und verdienen in nur einer Woche 4.575€!“

Während sich ersteres leider immer noch sehr viele Leute nur zu gut vorstellen können, gerät man bei der zweiten Aussage gedanklich schon schneller ins Schlingern.

„So viel Geld in nur einer Woche – kann das wirklich wahr sein?!?“

Man soll dann ein Video ansehen, in dem das System erklärt wird, mit dem die Traumgewinne innerhalb weniger Minuten eingefahren werden können.

Am Ende der Mail ist man plakativ um den Eindruck von Seriösität bemüht:

„PS: Ich habe ein naturwissenschaftliches Studium belegt und bin daher bei solchen Dingen sehr kritisch und nehme die Überprüfung solcher Dinge sehr ernst. Ich habe alle Details überprüfen lassen und das Video ist echt!“

Natürlich ist das Video echt. Und zwar echt hirnrissig.

Aber eins nach dem anderen…

Wer steckt dahinter?

Hinter solch verlockenden Angeboten stehen häufig die Betreiber von Handelsplattformen für sogenannte Binäre Optionen.

Es sind Broker, die sich auf den Handel mit diesen Optionen spezialisiert haben und mit besagten Mails auf Kundenfang gehen.

Dabei vermeiden sie es geschickterweise, potenzielle Kunden direkt zu adressieren, sondern schalten fiktive Privatpersonen als Absender der Werbe-Mails zwischen, die von eigenen Erfolgen „im Aktiengeschäft“ berichten und so die ganze Sache glaubhaft machen sollen.

„Social Proof“ nennen dies Marketing-Fachleute. Denn wir vertrauen Menschen eher als Organisationen.

Was sind Binäre Optionen?

Vornehm ausgedrückt handelt es sich bei Binären Optionen um Finanzderivate (Termingeschäfte).

Nüchtern betrachtet sind sie nichts anderes als banale Wetten mit einer Gewinn-/Verlustwahrscheinlichkeit von 50:50, auch „Cash or Nothing“ genannt.

Man setzt auf das Eintreten bzw. Nicht-Eintreten eines bestimmten Ereignis innerhalb eines festgelegten (meist sehr kurzen) Zeitraums.

Eine Wette könnte zum Beispiel lauten: Der DAX hat jetzt 8.100 Punkte. Wird er in 30 Minuten bei über 8.100 Punkten stehen oder darunter?

Die Wetten sind zeitlich getaktet, man kann also innerhalb eines vom Broker vorgegebenen Zeitfensters Wetten abschließen und erfährt dann nach Ablauf der Zeit, ob man gewonnen oder verloren hat.

Innerhalb von einer Minute sind so schnell ein paar Hundert Euro in mehreren Wetten platziert.

Binäres Trading – Das „System“

Für welche Seite einer Wette entscheidet man sich nun?

Kein Problem, der Broker liefert ein „Analysetool“, das einfach den Kursverlauf eines Wettobjekts, z.B. eines Börsenindex, in einem Fenster als Kursdiagramm (Chart) darstellt.

Dazu gibt der Broker seinen Kunden für den Handel einfache Regeln an die Hand. Will man gewinnen, muss man nur dem Trend folgen, den der Chart anzeigt. So einfach ist das. Selbst wenn man keinen blassen Schimmer davon hat, was man da gerade eigentlich tut.

Zeigt die Kurve nach oben, setzt man auf grün, zeigt die Kurve nach unten, auf rot. Klingt dir zu sehr nach Casino?

Stimmt, deswegen werden die beiden Wahlmöglichkeiten vom Broker auch lieber als „Call“ und „Put“ bezeichnet. Das hört sich direkt viel professioneller an, oder?

Wie stehen deine Chancen?

Gut. Jedenfalls wenn es darum geht, ordentlich Geld zu verzocken.

Warum?

Es liegt an der Konstruktion der Wette.

Zumindest die Handelsplattform, auf die ich mich in diesem Artikel beziehe (und deren Name ich bewusst nicht nenne) übervorteilt ihre Kunden nach einem einfachen Strickmuster, bei dem es mehr zu verlieren als zu gewinnen gibt.

Pro gewonnener Wette winken 60% Gewinn, aber 85 % Verlust. Setzt man 100€ ein, steht man hinterher im besten Fall mit 160€ da, andernfalls mit 15€. Immerhin ist nicht alles weg, könnte man sagen.

Aber wie heißt es so schön? Das Geld ist ja nicht weg, nur ein anderer hat es. Wer ist dieser „andere“ beim Handel von Binären Optionen?

Du ahnst es sicher bereits. Der Broker.

Gehen wir mal davon aus, dass sich im Mittel Gewinner und Verlierer die Waage halten, wie es bei Wetten mit 50/50-Chance zu erwarten ist.

Dann streicht der Broker pro Wette a 100€ einen satten Differenzbetrag von 25€ ein, denn der Gewinner bekommt nur 60€, der Verlierer aber zahlt 85€.

Hast du nun eine ungefähre Vorstellung davon, was in aller Welt die Motivation sein könnte, dir derartige Werbe-Mails zu schicken? DICH reich machen vielleicht…?

Selbst wenn die Betreiber solcher Handelsplattformen ihre Dienste ehrenamtlich anbieten würden (total realistisch, ich weiß), wären bei jeder Wette und einer Quote von 60/85 rein rechnerisch immer noch 7 Verlierer notwendig, um 10 Gewinner zu finanzieren.

Im Werbevideo wird allerdings suggeriert, man könnte spielend die meisten Wetten gewinnen. Wie soll das funktionieren? Indem immer nur die anderen verlieren?

Sicher doch …

Was binäres Trading mit Geld anlegen zu tun?

Nix. Das ist ja das Schlimme.

Man könnte genauso gut im Zoo darauf wetten, ob innerhalb der nächsten 30 Minuten auf dem Pavianhügel Männchen A mit Weibchen B kopuliert oder eben nicht.

Geht das Männchen auf das Weibchen zu, zeigt der Chart nach oben. Du wettest auf erfolgreiche Paarung.

Alles sieht vielversprechend aus, aber kurz vor Ablauf der Zeit zieht es Pavianmännchen A plötzlich und völlig überraschend vor, ausgedehnt in der eigenen Nase zu bohren, anstatt sich mit Pavianweibchen B zu paaren.

Wette verloren. Geld weg.

Wetten in Form von Binären Optionen können sich zehnmal auf den Aktienmarkt beziehen, es bleiben banale Wetten.

Glücksspiel. Zockerei. Nichts anderes.

Mit Investieren hat das überhaupt gar nichts zu tun, strenggenommen ist es nicht mal Spekulation. Denn diese würde eine tiefergehende Analyse des Anlageobjekts voraussetzen, wovon hier kaum die Rede sein kann.

Was glaubst du, was passieren würde, wenn es wirklich so einfach wäre? Wenn jeder, wirklich JEDER die Entwicklung von Börsenkursen ganz einfach vorhersehen könnte…?!?

Die Wahrheit ist:

Je kürzer das Zeitfenster, in dem man den Kurs eines Anlageobjekts betrachtet, desto zufälliger und damit unberechenbarer ist sein Verlauf.

Wie soll ich mit solchen Angeboten umgehen?

Was würdest du von folgendem Angebot halten:

„Der Wahnsinn! 20kg abnehmen in 5 Tagen! Ich dachte, man müsste dafür hungern oder sich sogar bewegen, aber nein – es war total einfach!“

Du musst sicher nicht lange darüber nachdenken, dass es sich hier nur um Bullshit handeln kann, oder?

Ab in den Trash-Ordner mit solchen Mails.

Und beim Thema Geld machst du es nicht anders. Alles was marktschreierisch Traum-Renditen in kurzer Zeit verspricht, kannst du bedenkenlos löschen.

Glaub mir, du wirst nichts verpassen.

Im Gegenteil. Du schützt dich selbst davor, Opfer deiner Gier zu werden und größere Dummheiten mit deinem Geld anzustellen.

Wer schlau ist, denkt gerade NICHT, dass er schlauer ist als alle anderen. Vor allem, wenn es ums Geld geht.

Bildquelle: „Great White Shark Cage Diving“ von hermanusbackpackers (bearbeitet), lizensiert unter CC BY 2.0

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Autor: Holger Grethe
Holger hat Zendepot Anfang 2013 gegründet und dort als einer der ersten deutschen Blogger regelmäßig über passives Investieren mit ETFs und weitere Finanzthemen informiert. Im Juni 2021 beschloss Holger, das Projekt Zendepot für sich abzuschließen, um sich auf sein Kerngeschäft, die eigene Praxis, zu konzentrieren. Die Beiträge von Holger können jedoch weiterhin im Zendepot-Blog abgerufen werden.
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