Lohnen sich Halbleiter-ETFs - und welcher ist der beste?
Chips gelten als Bausteine der Zukunft. Die Nachfrage könnte in den kommenden Jahren stark zunehmen, falls Trends wie KI oder Elektromobilität weiter an Fahrt aufnehmen sollten. Zeit für einen Halbleiter-ETF?
Wir verraten, welche Halbleiter-ETFs zur Auswahl stehen – und warum ihr mit einem Kauf vorsichtig sein solltet.
Halbleiter-ETFs investieren vorwiegend in Aktien von Unternehmen, die Chips für elektronische Geräte entwickeln, herstellen und verbauen.
Viele Anleger erwarten, dass Halbleiter-Firmen von Trends wie KI, Elektromobilität oder dem Internet der Dinge profitieren werden. Es lässt sich jedoch nicht seriös vorhersagen, wie sich diese Trends entwickeln oder welche Unternehmen profitieren werden.
Der größte potenzielle Vorteil von Halbleiter-ETFs ist die Chance auf eine Outperformance. Nachteile sind höhere Kosten, das Klumpenrisiko und hohe Aktienbewertungen, die auf künftig schwächere Renditen hinweisen können.
Wenn ihr in einen Halbleiter-ETF investieren möchtet, ist eine vorsichtige Gewichtung, beispielsweise mit etwa 5 % des Gesamtvermögens, sinnvoll.
Der VanEck Semiconductor (ISIN: IE00BMC38736) ist gemäß der Tracking-Differenz am günstigsten und hat das größte Fondsvermögen. Der iShares Global Semiconductors (IE000I8KRLL9) hat eine leicht höhere Tracking-Differenz und streut am breitesten.
Was sind Halbleiter-ETFs?
Wer von Halbleitern spricht, meint damit in der Regel Computerchips. Tatsächlich bezeichnet der Begriff aber Stoffe wie Silizium und Germanium, die nur wenig Strom leiten und daher ideal für die Herstellung von elektronischen Bauteilen sind.
Unternehmen der Halbleiterindustrie, z. B. NVIDIA, Taiwan Semiconductors oder Intel, stellen aus Halbleitern Chips her. Diese Chips übernehmen Rechen-, Steuerungs- und Speicheraufgaben in elektronischen Geräten und stecken in jedem Handy, PC oder Auto.
Halbleiter-ETFs enthalten Aktien von Unternehmen, die solche Chips herstellen, entwickeln und verbauen oder andere elektronische Bauteile aus Halbleitern produzieren.
Anleger, die auf Halbleiter-ETFs setzen, erwarten in der Regel, dass diese Chips künftig noch gefragter sein werden – etwa aufgrund möglicher Trends zur Elektromobilität oder KI.
Die Erwartungen an die Halbleiterbranche sind derzeit hoch. Das liegt nicht zuletzt am KI-Boom, der vom Erscheinen von ChatGPT im November 2022 ausgelöst wurde. Auch still stehende Produktionsbänder zeigten in der Corona-Krise, wie abhängig die Weltwirtschaft von der Halbleiterindustrie ist.
Von der KI-Euphorie haben auch Halbleiter-ETFs profitiert. Allein im vergangenen Jahr legten sie zwischen 30 und 58 % zu (zum 31. Juli 2024).
Vergesst aber nicht: Niemand kann im Voraus wissen, welche Rolle Chips künftig in der Weltwirtschaft spielen werden, welche Unternehmen oder Branchen von einem KI-Boom profitieren würden – und ob dieser KI-Boom überhaupt anhalten wird.
Sollte sich herausstellen, dass die hohen Erwartungen an KI und an die Chipindustrie übertrieben waren, könnten die Kurse von Halbleiter-ETFs einbrechen.
Was sind die Vor- und Nachteile von Halbleiter-ETFs?
Bei Halbleiter-ETFs überwiegen aus unserer Sicht die Nachteile. Die Aktien sind nicht nur vergleichsweise teuer, sondern in Welt-ETFs wie dem MSCI World bereits ziemlich hoch gewichtet.
Hier seht ihr die wichtigsten Vor- und Nachteile im Überblick:
Chance auf eine Outperformance
Bei Branchen-ETFs habt ihr die Chance auf eine relativ hohe Performance in kurzer Zeit. Etwa legten Halbleiter-ETFs in den vergangenen zwölf Monaten zwischen 30 und 58 % zu, in den letzten drei Jahren sogar um 77 bis 83 % (zum 31. Juli 2024) – also deutlich mehr als der größte ETF auf den Weltaktienindex MSCI ACWI (19 bzw. 31 %).
Allerdings tragt natürlich auch das Risiko von größeren Einbrüchen.
Sehr hohe Bewertung
Halbleiter-Unternehmen sind derzeit im Vergleich zu anderen Aktien teuer. Das kann ein Hinweis darauf sein, dass die künftigen Renditen vergleichsweise gering ausfallen (mehr dazu später).Klumpenrisiko
Unternehmen wie NVIDIA, Intel oder Taiwan Semiconductors sind bereits in Welt-ETFs auf MSCI World und Co. hoch gewichtet. Mit einem Halbleiter-ETF erhöht ihr den Anteil noch mehr. Sollte sich die Halbleiterbranche schlecht entwickeln, wärt ihr besonders betroffen.Höhere ETF-Kosten
Alle in Deutschland verfügbaren Halbleiter-ETFs haben eine Kostenquote (TER) von 0,35 %. Auch die Tracking-Differenz ist meist relativ hoch. Bei Welt-ETFs liegt die TER in der Regel unter 0,2 %. Solche Kostenunterschiede können sich langfristig summieren.Geopolitisches Risiko
Viele Halbleiter-Unternehmen haben ihren Sitz in Taiwan, Südkorea oder Japan oder beziehen Vorprodukte aus diesen Ländern. Insbesondere Taiwan gilt als führend in der Herstellung moderner Computerchips und wird auch als „Chip-Supermacht“ bezeichnet.Sollte ein Krieg zwischen China und Taiwan ausbrechen, könnten die Lieferketten zwischen den Halbleiterherstellern zusammenbrechen. Die Kurse von Halbleiter-ETFs könnten stark fallen.
Welche Halbleiter-ETFs sind verfügbar?
Derzeit könnt ihr in Deutschland zwischen fünf Halbleiter-ETFs wählen. Alle ETFs kaufen dabei die Aktien aus dem Index (vollständige physische Replikation) und vier der fünf ETFs reinvestieren die Dividenden (Thesaurierer).
Hier seht ihr eine Liste mit allen Halbleiter-ETFs, die aktuell verfügbar sind:
Fondsgröße der Halbleiter-ETFs
Drei der fünf Halbleiter-ETFs verwalten Anlegergelder von über 100 Millionen Euro. Dieser Betrag wird häufig als Mindestgrenze genannt, unter der man vorsichtig sein sollte.
Der Grund: Bei kleinen ETFs, die sich möglicherweise für den Anbieter nicht mehr rentieren, gilt eine Schließung als wahrscheinlicher. Falls der ETF wirklich vom Markt genommen wird, würdet ihr zwar euer Geld ausgezahlt bekommen, aber ihr müsstet mögliche Kursgewinne sofort versteuern und das Geld neu anlegen.
Außerdem können bei kleinen ETFs die Handelskosten, die beim Kauf und Verkauf von Anteilen an der Börse anfallen (auch Geld-Brief-Spanne oder Spread genannt), etwas höher sein.
Hier seht ihr alle Halbleiter-ETFs und deren Fondsvolumen:
Kosten der Halbleiter-ETFs
Die TER liegt bei allen fünf Halbleiter-ETFs bei 0,35 % pro Jahr. Wenn ihr 10.000 € investiert, gehen also 35 € an den ETF-Anbieter. Bei Welt-ETFs fallen meist bloß 20 € oder weniger pro Jahr an (TER von 0,2 %). Im Vergleich zu anderen Themen- oder Branchen-ETFs sind 0,35 % aber wenig.
Bei der Tracking-Differenz gibt es hingegen große Unterschiede. Dieser Vergleichswert, der die Abweichung eines ETFs vom Index angibt, berücksichtigt neben der TER auch weitere Kostenfaktoren, wie etwa Transaktionskosten auf ETF-Ebene.
Hier seht ihr die Tracking-Differenz aller Halbleiter-ETFs:
Am besten schneidet der größte Halbleiter-ETF, VanEck Semiconductor, ab. Laut Indexinformationsblatt betrug der Rückstand zum Index seit Auflage im Dezember 2020 bloß 0,26 Prozentpunkte pro Jahr (Stand: 30. Juni 2024).
Etwas höher (0,37 Prozentpunkte pro Jahr seit Auflage im August 2021) war die Tracking-Differenz beim zweitgrößten ETF, dem iShares MSCI Global Semiconductors. Die Nummer drei, der Amundi MSCI Semiconductors ESG Screened, liegt dagegen mit 0,89 Prozentpunkten in den vergangenen zehn Jahren weit hinten.
Bei Welt-ETFs liegt die Tracking-Differenz meist unter 0,2 Prozentpunkten pro Jahr und es gibt sogar viele Produkte, die besser laufen als der zugrunde liegende Index.
Diversifikation der Halbleiter-ETFs
Halbleiter-ETFs investieren in einen relativ kleinen Ausschnitt der Weltwirtschaft und sind daher deutlich konzentrierter als Welt-ETFs. Etwa ist der Anteil der USA sowie der größten drei und zehn Unternehmen höher als bei Welt-ETFs.
In der folgenden Tabelle könnt ihr sehen, wie wenig diversifiziert Halbleiter-ETFs im Vergleich zu einem Welt-ETF sind:
(zum 28. Juni 2024)
VanEck Semiconductor | iShares MSCI Global Semiconductors | Amundi MSCI Semiconductors ESG Screened | iShares MSCI ACWI | |
---|---|---|---|---|
Zahl der Aktien | 25 | 278 | 70 | 2451 |
Gewicht der USA | 75,8 % | 64,3 % | 71,8 % | 62,0 % |
Anteil der drei größten Unternehmen | 31,1 % | 25,1 % | 53,8 % | 12,7 % |
Anteil der zehn größten Unternehmen | 74,6 % | 59,4 % | 78,6 % | 22,1 % |
Gewicht von NVIDIA | 10,0 % | 9,1 % | 30,7 % | 4,2 % |
Quelle: Recherchen von Zendepot
Allein NVIDIA hat im VanEck-ETF 10 % Gewicht und macht im Amundi-ETF sogar mehr als 30 % aus. Der Anteil der größten drei und zehn Unternehmen ist sogar drei- bis fünfmal so hoch als in einem Welt-ETF.
Hier könnt ihr vergleichen, welche Unternehmen aus Halbleiter-ETFs auch in einem Welt-ETF unter den Top 10 sind:
TOP 10 | Andere |
nvidia corp | 9,0 % |
taiwan semiconductor manufacturing | 8,8 % |
broadcom inc | 8,2 % |
asml holding nv | 7,6 % |
advanced micro devices inc | 6,0 % |
texas instrument inc | 4,6 % |
applied material inc | 4,2 % |
qualcomm inc | 3,8 % |
intel corporation corp | 3,4 % |
micron technology inc | 3,1 % |
andere | 41 % |
TOP 10 | Andere |
apple inc. | 4,3 % |
microsoft corporation | 4,0 % |
nvidia corporation | 3,7 % |
amazon.com inc. | 2,3 % |
meta platforms inc class a | 1,5 % |
alphabet inc. class a | 1,4 % |
alphabet inc. class c | 1,2 % |
taiwan semiconductor manufacturing co. ltd. | 1,0 % |
eli lilly and company | 0,9 % |
broadcom inc. | 0,9 % |
andere | 79 % |
Performance der Halbleiter-ETFs
Halbleiter-ETFs haben in den vergangenen Jahren deutlich höhere Renditen erzielt als normale Welt-ETFs (Stand: August 2024). Hier seht ihr die Performance im Vergleich zu einem ETF auf den Weltaktienindex MSCI ACWI:
Jahr | Rendite |
---|---|
2014 | 22,4 % |
2015 | -2,9 % |
2016 | 23,2 % |
2017 | 12,4 % |
2018 | -5,7 % |
2019 | 39,7 % |
2020 | 23,0 % |
2021 | 37,6 % |
2022 | -34,7 % |
2023 | 74,5 % |
Jahr | Rendite |
---|---|
2014 | 19,0 % |
2015 | 8,3 % |
2016 | 10,9 % |
2017 | 9,1 % |
2018 | -6,0 % |
2019 | 30,1 % |
2020 | 4,9 % |
2021 | 29,1 % |
2022 | -13,6 % |
2023 | 18,6 % |
Besonders seit Jahresanfang 2023 haben Halbleiter-ETF rasant zugelegt und den Welt-ETF deutlich abgehängt. Gleichwohl lässt sich aus einer vergangenen Outperformance natürlich nicht auf die künftige Entwicklung schließen. Manchmal sind Überrenditen sogar ein Warnzeichen, wie ihr im nächsten Kapitel seht.
Bewertung der Halbleiter-ETFs
Derzeit sind Halbleiter-ETFs vergleichsweise teuer. Etwa liegen Kennzahlen wie das Kurs-Buchwert- und das Kurs-Gewinn-Verhältnis sehr weit über denen von Welt-ETFs.
Historisch war es häufig so, dass Aktien mit hohem KBV oder KGV in den anschließenden 10 bis 15 Jahren unterdurchschnittlich liefen. Der Zusammenhang war aber nicht immer zu beobachten.
Auch Forscher aus der Schweiz und den USA berichten in einer Studie, dass Themen-ETFs nach Auflage häufig schwächer abschneiden als der breite Markt. Die ETF-Anbieter würden gezielt gehypte Aktien in solche ETFs aufnehmen, die zuvor viel Medienaufmerksamkeit erfahren hätten und relativ hoch bewertet seien.
(Stand: 30. Juni 2024)
Kurs-Gewinn-Verhältnis | Kurs-Buchwert-Verhältnis | |
---|---|---|
VanEck Semiconductor | 42,3 | 6,9 |
iShares MSCI Global Semiconductors | 36,9 | 5,9 |
Amundi MSCI Semiconductors ESG Screened | Keine Angabe | Keine Angabe |
iShares MSCI ACWI | 21,6 | 3,1 |
Quellen: Factsheets der ETFs
Ist ein Investment in einen Halbleiter-ETF sinnvoll?
Letztlich müsst ihr natürlich selbst abwägen, ob ein Halbleiter-ETF das Richtige für euch und eure Anlageziele ist. Aus unserer Sicht überwiegen aber die Nachteile. Die Kosten und Tracking-Differenzen sind vergleichsweise hoch – und die Aktien vergleichsweise teuer, was auf künftig geringe Renditen hindeuten kann.
Außerdem sind Halbleiter-ETFs weniger breit gestreut, weshalb ihr mit mehr Kursschwankung rechnen müsst als bei einem Welt-ETF. Deshalb ist eine vorsichtige Gewichtung sinnvoll, etwa zu 5 % am Gesamtvermögen, um ein zu großes Klumpenrisiko zu vermeiden. Berücksichtigt dabei, dass Halbleiter-Aktien bereits in einem Welt-ETF hoch gewichtet sind.
Den objektiv besten Halbleiter-ETF gibt es nicht, denn alle haben Vor- und Nachteile. Der VanEck Semiconductor (ISIN: IE00BMC38736) ist der größte Halbleiter-ETF und weist die geringste Tracking-Differenz auf. Allerdings ist die Streuung etwas geringer als beim iShares MSCI Global Semiconductors (IE000I8KRLL9).
Welcher ETF für euch interessanter ist, hängt davon ab, was euch wichtiger ist: Risikominimierung durch eine möglichst breite Diversifikation – oder Renditemaximierung durch möglichst geringe Kosten.
Fazit: Halbleiter-ETFs
Ein Halbleiter-ETF investiert in Aktien von Unternehmen der Halbleiterindustrie. Diese Firmen stellen vor allem Chips her, die beispielsweise in Autos oder PCs verbaut sind.
Halbleiter-ETFs haben in den vergangenen Jahren sehr stark performt, es sind also hohe Renditen innerhalb von kurzer Zeit möglich. Dafür müsst ihr höhere Kosten und Klumpenrisiken in Kauf nehmen. Zudem ist eine künftige Outperformance nicht garantiert – und die aktuell hohen Bewertungen könnten sogar auf schwächere Renditen in der Zukunft hinweisen.
Wer kein zu großes Risiko eingehen möchte, sollte Halbleiter-ETFs, wenn überhaupt, nur gering gewichten, etwa zu 5 % am Gesamtvermögen. Berücksichtigt dabei, dass die Aktien bereits in Welt-ETFs hoch gewichtet sind.
Aus unserer Sicht sind die beiden größten Halbleiter-ETFs am interessantesten:
Der VanEck Semiconductor (ISIN: IE00BMC38736) ist gemäß der Tracking-Differenz am günstigsten und hat das größte Fondsvermögen (über 2 Mrd. Euro).
Der iShares Global Semiconductors (IE000I8KRLL9) streut am breitesten und die Tracking-Differenz ist bloß leicht höher als beim VanEck-ETF.
Häufige Fragen
Ein Halbleiter-ETF investiert in Aktien von Unternehmen der Halbleiterindustrie, etwa NVIDIA, Taiwan Semiconductors, Intel oder Samsung. Diese Unternehmen entwickeln, produzieren oder verbauen Chips und andere elektronische Bauteile, die aus sogenannten Halbleitern bestehen. Halbleiter sind Stoffe wie Silizium oder Germanium, die nur wenig Strom leiten.
Anleger aus EU-Ländern können zwischen fünf Halbleiter-ETFs wählen. Drei davon haben ein Fondsvermögen über 100 Millionen Euro. Dabei handelt es sich um den VanEck Semiconductor (ISIN: IE00BMC38736), den iShares MSCI Global Semiconductors (IE000I8KRLL9) und den Amundi MSCI Semiconductors ESG Screened (LU1900066033).
Es lässt sich natürlich nicht im Voraus sagen, wie hoch die künftige Rendite von Halbleiter-ETFs ausfallen wird. Im vergangenen Jahr legten die ETFs um insgesamt 30 bis 58 % zu, in den vergangenen drei Jahren zwischen 77 und 83 % (zum 31. Juli 2024).