70/30-Portfolio: Ist das Weltportfolio noch eine gute Wahl?
Mit einem 70/30-Portfolio könnt ihr mit nur zwei ETFs die ganze Weltwirtschaft abbilden. Für viele gilt das Weltportfolio deshalb als der Goldstandard für eine ausgewogene Anlagestrategie. Stimmt das wirklich?
Wir verraten, was genau ein 70/30-Portfolio ist, woher die Empfehlung kommt und ob sie heute noch zeitgemäß ist – falls sie es je war.
Ein 70/30-Portfolio ist ein ETF-Portfolio, das sich aus 70 % Industrieländer-Aktien und 30 % Schwellenländer-Aktien zusammensetzt. Es besteht meist aus zwei ETFs: einem Industrieländer-ETF und einem Schwellenländer-ETF.
Die höhere Gewichtung der Schwellenländer zielt darauf ab, von den historisch höheren Schwellenländer-Renditen zu profitieren und die Dominanz von US-Aktien und großen Tech-Firmen zu reduzieren.
Allerdings bringen Schwellenländer eigene Nachteile mit sich, einschließlich politischer Risiken. Zudem müsst ihr euer Portfolio regelmäßig rebalancen, um die 70/30-Mischung zu bewahren.
Langfristig sind die Renditeunterschiede zwischen Portfolios mit 70/30-, 80/20- und 90/10-Gewichtung nicht besonders ausgeprägt. Vor allem in den letzten Jahren performten die Schwellenländer weniger gut.
Eine 90/10-Gewichtung könnt ihr sogar mit einem einzigen ETF, beispielsweise auf den MSCI ACWI, erreichen.
70/30-Portfolio – was ist das?
Wenn die Rede vom 70/30-Portfolio ist, ist normalerweise ein Weltportfolio gemeint, das die ganze Weltwirtschaft abdeckt. Der Name leitet sich von seiner Zusammensetzung ab: Es besteht zu 70 % aus Aktien aus Industrieländern und zu 30 % aus Aktien aus Schwellenländern, den sogenannten Emerging Markets.
Der Ansatz des 70/30-Portfolios ist in der Regel passiv. Das bedeutet, dass ihr nicht individuell Aktien auswählt, sondern in Fonds oder ETFs investiert, die ein breites Marktsegment abbilden. Mit nur zwei ETFs könnt ihr somit eine Diversifikation erreichen, die sonst nur durch den Kauf vieler einzelner Aktien möglich wäre.
70/30 muss sich nicht immer aufs ETF-Weltportfolio beziehen. Eine weitere Variante ist das 70/30-Portfolio aus Aktien und Anleihen, bei dem 70 % in Aktien und 30 % in Anleihen investiert werden. Dieses Modell strebt eine Balance zwischen dem Wachstumspotenzial von Aktien und der Stabilität von Anleihen an.
In diesem Artikel fokussieren wir uns aber aufs ETF-Weltportfolio.
Warum 70/30? Der Gedanke hinter dem Weltportfolio
Verfechter von 70/30 verweisen meist auf zwei Vorteile gegenüber Zusammensetzungen, in denen Schwellenländer weniger stark berücksichtigt werden:
1. Bessere Renditechancen
Ein zentrales Argument für das 70/30-Portfolio ist das Potenzial für höhere Renditen. In der Vergangenheit erzielten Schwellenländer trotz ihrer Volatilität langfristig oft höhere Renditen als entwickelte Märkte. 70/30-Befürworter argumentieren deshalb, dass sie in einem Portfolio nach Marktkapitalisierung mit einem Anteil von nur etwa 10–11 % oft zu gering gewichtet werden. Indem man ihren Anteil auf 30 % erhöht, könne man als Anleger vom höheren Wachstumspotenzial der Schwellenländer profitieren.Der Vermögensberater Gerd Kommer schreibt dazu beispielsweise in einem Whitepaper: „Auf sehr lange Sicht hat eine BIP-Gewichtung in der Vergangenheit gegenüber einer Marktkapitalisierungsgewichtung eine leichte Outperformance produziert.“
2. Weniger Klumpenrisiko
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Verringerung des Klumpenrisikos. In einem 90/10-Portfolio, das auf Marktkapitalisierung basiert, dominieren oft US-Aktien mit einem Anteil von über 60 %. Zudem haben einzelne große Tech-Unternehmen dort ein erhebliches Gewicht. Diese Konzentration kann zu einem erhöhten Risiko führen, falls es in diesen spezifischen Segmenten zu Einbrüchen kommt.Das 70/30-Portfolio strebt eine breitere geografische Streuung und eine geringere Abhängigkeit von einzelnen Marktsegmenten an, wodurch dieses Risiko reduziert wird.
Ob diese Argumente heute wirklich noch überzeugend sind, lest ihr weiter unten. Als Nächstes sehen wir uns an, wie genau ihr ein 70/30-Portfolio überhaupt aufbauen könnt.
Wie ist ein 70/30-Portfolio aufgebaut?
Ein 70/30-Portfolio besteht typischerweise aus zwei ETFs: einem Industrieländer-ETF und einem Schwellenländer-ETF. Wir haben alle Optionen für euch zusammengestellt.
Industrieländer-ETFs
Hier gibt es drei Indizes zur Auswahl:
FTSE Developed
Solactive GBS Developed Markets Large & Mid Cap
Die Indizes sind nahezu identisch, allerdings könnt ihr beim MSCI World zwischen insgesamt 23 ETFs wählen, während es bei den Indizes von Solactive und FTSE bloß je zwei ETFs gibt. Hier findet ihr eine Auswahl der MSCI World-ETFs:
Wenn ihr euch mehrere ETFs ins Portfolio holt, ist es besser, ETFs vom selben Anbieter zu kaufen, weil diese besser zusammenpassen. Etwa sieht FTSE Polen als Schwellenland und Südkorea als Industrieland an. MSCI verfährt genau andersherum. Zudem enthalten die globalen Indizes von FTSE etwas mehr Aktien (oberste 90 % der Aktienmarktkapitalisierung versus oberste 85 % bei MSCI).
Schwellenländer-ETFs
Bei den Schwellenländern habt ihr mehr Indizes zur Auswahl:
MSCI Emerging Markets
MSCI Emerging Markets IMI
FTSE Emerging
Solactive GBS Emerging Markets Large & Mid Cap
Die meisten ETFs, 16 an der Zahl, gibt es auf den MSCI Emerging Markets. Bei allen anderen Indizes sind nur zwei ETFs verfügbar, außer beim Solactive-Index, für den nur ein ETF verfügbar ist. Hier findet ihr eine Auswahl der ETFs auf den MSCI Emerging Markets-Index:
Der MSCI Emerging Markets IMI enthält neben Aktien von großen und mittelgroßen Unternehmen auch zu 14 % Aktien von kleinen Firmen (Small Caps). Damit streut ihr also noch etwas breiter, allerdings haben die Kurse von kleinen Unternehmen in der Vergangenheit häufig stärker geschwankt und die Auswahl an ETFs auf den Index ist kleiner.
Anzahl der verfügbaren Industrie- und Schwellenländer-ETFs in Deutschland
Hier haben wir noch einmal alle relevanten Indizes und ETFs für euch zusammengestellt:
Index | Small Caps enthalten? | Verfügbare ETFs |
---|---|---|
MSCI World | Nein | 23 |
FTSE Developed | Nein | 2 |
Solactive GBS Developed Large & Mid Cap | Nein | 2 |
MSCI Emerging Markets | Nein | 16 |
MSCI Emerging Markets IMI | Ja | 2 |
FTSE Emerging | Nein | 2 |
Solactive GBS Emerging Markets Large & Mid Cap | Nein | 1 |
Quelle: Börse Frankfurt/ Internetseiten der Indexanbieter (Stand: Ende November 2023)
Ist 70/30 noch zeitgemäß und sinnvoll?
Jetzt wisst ihr, wie ihr ein 70/30-Portfolio zusammenstellen könnt. Doch ist das überhaupt ratsam? Sehen wir uns die Argumente für das Weltportfolio noch einmal genauer an:
Rendite: Ob 70/30 oder 90/10 ist gar nicht so wichtig
Unseren Backtests zufolge haben Schwellenländer in der Vergangenheit auf lange Sicht tatsächlich etwas besser als Industrieländer performt. Dadurch ergaben sich für 70/30-Portfolios, die Schwellenländer etwas höher gewichteten als andere Weltportfolios, auch etwas bessere Renditen. Doch natürlich kommt es – wie immer – auch auf den Betrachtungszeitraum an.
Der MSCI World hat seit Dezember 1987 beispielsweise eine durchschnittliche Jahresrendite von 7,9 % erzielt. Ein Portfolio-Backtest zeigt, dass eine 70/30-Portfolio-Strategie in diesem Zeitraum eine durchschnittliche Jahresrendite von 8,9 % erbracht hätte – bei annähernd gleicher Kursschwankung. Das 70/30-Portfolio war daher aus Rendite-Risiko-Sicht leicht besser als der MSCI World.
von Dezember 1987 bis August 2023, TER von 0,2 Prozent, Rebalancing einmal pro Jahr
MSCI World | MSCI EM | 70/30-Portfolio | |
---|---|---|---|
Rendite pro Jahr (vor Steuern) | 7,9 % | 9,7 % | 8,9 % |
Volatilität (Standardabweichung) | 14,8 % | 21,5 % | 15,6 % |
Sharpe Ratio | 0,52 | 0,49 | 0,56 |
Schlechtestes Kalenderjahr | -37,4 % (2008) | -50,6 % (2008) | -41,4 % (2008) |
Maximal benötigter Zeitraum, um Kursverluste nominal wieder wettzumachen (Drawdown) | 13 Jahre, 9 Monate (August 2000 bis Mai 2014) | 5 Jahre, 3 Monate (März 2000 bis Juni 2005) | 6 Jahre, 4 Monate (August 2000 bis Dezember 2006) |
Quelle: Backtest mit curvo.eu
Diese potenziell höhere Rendite bekommt ihr aber nicht umsonst, sondern sie ist eine Art Gegenleistung für das höhere Risiko, das ihr mit einem Schwellenländer-Investment trägt. In den aufstrebenden Ländern gibt es mehr Rechtsunsicherheit, Korruption und politische Umstürze. Kursschwankungen sind somit wahrscheinlicher.
Vergleicht man zudem verschiedene Mischungen aus Industrie- und Schwellenländern, dann sind die Performanceunterschiede sehr gering. Wenn ihr in den vergangenen 36 Jahren ein Welt-Aktienportfolio gehalten hättet, hätte es keinen allzu großen Unterschied gemacht, ob der Anteil der Schwellenländer bei 10 oder 40 % gelegen hätte.
Mit einem ETF auf den MSCI ACWI, der Schwellenländer mit etwa 10 % gewichtet, hättet ihr also laut Backtest mit nur einem ETF eine ähnliche Rendite erzielt – ohne regelmäßiges Rebalancing und mit geringerer Volatilität. Auch die Sharpe-Ratio – ein Performancemaß, das Kursschwankung und Rendite ins Verhältnis setzt – ist annähernd gleich.
von Dezember 1987 bis August 2023, TER von 0,2 Prozent, Rebalancing einmal pro Jahr
60/40 | 70/30 | 80/20 | MSCI ACWI (90/10) | |
---|---|---|---|---|
Rendite pro Jahr (vor Steuern) | 9,1 % | 8,9 % | 8,6 % | 8,2 % |
Volatilität (Standardabweichung) | 16,1 % | 15,6 % | 15,2 % | 14,8 % |
Sharpe Ratio | 0,56 | 0,56 | 0,55 | 0,54 |
Schlechtestes Kalenderjahr | -42,7 % (2008) | -41,4 % (2008) | -40,1 % (2008) | -38,6 % (2008) |
Maximal benötigter Zeitraum, um Kursverluste nominal wieder wettzumachen (Drawdown) | 5 Jahre, 10 Monate (März 2000 bis Januar 2006) | 6 Jahre, 4 Monate (August 2000 bis Dezember 2006) | 6 Jahre, 9 Monate (August 2000 bis Mai 2008) | 12 Jahre, 8 Monate (August 2000 bis April 2013) |
Quelle: Backtest mit curvo.eu
Weil die Performance nicht allzu groß sind, ist aus unserer Sicht zweitrangig, ob die Aufteilung nun 70/30 oder 90/10 beträgt. Laut manchen Studien kommen 90 % der Rendite und Kursschwankungen eures Portfolios im Zeitablauf ohnehin aus der Asset Allocation, also aus der Gewichtung der einzelnen Anlageklassen.
Entscheidend ist also nicht, wie hoch der Anteil von Industrie- oder Schwellenländer-Aktien ist, sondern wie viel Prozent eures Vermögens ihr überhaupt in Aktien oder andere Anlageklassen (z. B. Tagesgeld oder Rohstoffe) investiert.
Aufwand: Regelmäßiges Rebalancing macht 70/30 aufwändiger
Ein Nachteil der 70/30-Strategie ist, dass sie regelmäßiges Rebalancing erfordert. Dies ist bei einer einfachen Anlage in ETFs, die breite Indizes wie den FTSE All-World oder den MSCI ACWI IMI abbilden, nicht notwendig.
Rebalancing bedeutet, dass ihr einmal pro Jahr die Gewichtung der ETFs auf das ursprüngliche Verhältnis von 70/30 zurückstellt. Dies dient dazu, Klumpenrisiken zu vermeiden und kann potenziell die Performance verbessern, da es den Kauf und Verkauf von Anteilen basierend auf ihrer relativen Wertentwicklung und nicht auf Preisunterschieden erfordert.
Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass Rebalancing auch Zeit kostet und zu renditeschädlichem Verhalten führen kann, wenn ihr dazu verleitet werdet, eure Strategie basierend auf kurzfristigen Marktschwankungen anzupassen, anstatt diszipliniert bei eurer gewählten Allokation zu bleiben. Dabei spricht man auch von Performance-Chasing.
Flexibilität: Flexiblere Zusammenstellung als bei einzelnen ETFs
Ein Vorteil von 70/30 ist, dass sich die Strategie mit vielen ETFs flexibel umsetzen lässt. Auf den MSCI World gibt es insgesamt 23 ETFs in Deutschland. Beim MSCI Emerging Markets sind es 16 ETFs (Stand: November 2023). Ihr findet also am ehesten eine ETF-Mischung, die zu euch passt.
Bei einzelnen ETFs, die Schwellenländer und Industrieländer mischen, gibt es meist bloß zwei bis vier ETFs zur Auswahl – etwa auf die Indizes MSCI ACWI IMI oder FTSE All-World.
Wie ihr bei der ETF-Auswahl vorgehen könnt, lest ihr in unserem Artikel In 3 Schritten zum richtigen ETF.
Klumpenrisiko: Geringere Abhängigkeit von Tech-Giganten und den USA
Kapitaliserungsgewichtete Weltindizes weisen Klumpenrisiken auf. Der USA-Anteil und das Gewicht von Tech-Konzernen wie Apple ist sehr hoch.
Selbst beim MSCI ACWI IMI liegt der USA-Anteil bei mehr als 61 %. Alleine Apple und Microsoft machen 7,7 % des Index aus. Der MSCI ACWI IMI enthält Unternehmen aller Größen aus Industrie- und Schwellenländern und bildet 99 % der Aktienmärkte in 47 Ländern ab.
Land | Anteil |
---|---|
73,8 % | |
5,5 % | |
sonstige | 5,2 % |
3,0 % | |
3,0 % | |
2,3 % | |
2,2 % | |
1,8 % | |
1,6 % | |
0,8 % |
Land | Anteil |
---|---|
63,0 % | |
5,8 % | |
3,7 % | |
2,7 % | |
2,5 % | |
2,3 % | |
2,2 % | |
2,2 % | |
2,1 % | |
1,8 % |
Im 70-30-Portfolio ist das anders. Hier machen die USA bloß noch 49,1 % aus und Apple hat nur noch 3,6 % Gewicht.
Index | USA-Anteil | Anteil von Apple und Microsoft | „Top 3“-Positionen |
---|---|---|---|
MSCI World | 70,1 % | 9,6 % |
|
MSCI ACWI | 62,6 % | 8,6 % |
|
MSCI ACWI IMI | 61,4 % | 7,7 % |
|
FTSE All-World | 61 % | 8,5 % |
|
70/30-Portfolio (MSCI World und MSCI EM) | 49,1 % | 6,7 % |
|
Quelle: Indexinformationsblätter der Anbieter
China-Aktien: Größere Gewichtung bei 70/30
Seit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs fühlen sich manche Anleger mit 70/30 nicht mehr wohl. Russische Wertpapiere sind im Westen aufgrund der Sanktionen nicht mehr handelbar. Anlegern droht bei Russland-ETFs daher ein Totalverlust (mehr dazu lest ihr in unserem Artikel ETF-Totalverlust: Kann ich bei ETFs alles verlieren?).
Manche befürchten ähnliche Verluste mit chinesischen Wertpapieren, sollte China Taiwan angreifen. Das würde 70/30-Anleger empfindlich treffen: Rund 10 % des Portfolios stecken in chinesischen Aktien. Das ist etwa dreimal mehr als bei kapitalisierungsgewichteten Indizes wie dem FTSE All-World (3,2 %).
Aus unserer Sicht wird das Risiko bei chinesischen Aktien aber häufig überschätzt. Zum einen sind auch viele westliche Firmen stark in China tätig und dürften von Sanktionen hart getroffen werden. Zum anderen investieren die meisten ohnehin nicht zu 100 % in Aktien, sondern setzen auch auf andere Anlageklassen. Das drückt das China-Gewicht nach unten.
Wer etwa 80 % seines Vermögens in Aktien investiert hat und die 70/30-Strategie verfolgt, der hat nur noch 7 % seines Gesamtvermögens in chinesischen Aktien (zuvor knapp 10 %). Bei einer Aktienquote von 60 Prozent sind es rund 5,5 % China-Gewicht.
Index | China-Anteil | Taiwan-Anteil |
---|---|---|
MSCI Emerging Markets | 29,9 % | 15,1 % |
MSCI Emerging Markets IMI | 26,8% | 15,0% |
FTSE Emerging | 32,4% | 16,5% |
Solactive GBS Emerging Markets Large & Mid Cap | 26,4 % | 16,1 % |
MSCI ACWI | 3,2 % | 1,8 % |
MSCI ACWI IMI | 3,0 % | 1,6 % |
FTSE All-World | 3,2 % | 1,7 % |
70/30 MSCI World und MSCI EM | 9,0 % | 4,5 % |
70/30 FTSE Developed FTSE Emerging | 9,7 % | 5,0 % |
Stand: 31. Oktober 2023.
Quellen: Internetseiten der Indexanbieter
Was sind die Alternativen zum 70/30-Portfolio?
Ihr möchtet die Aufteilung 70/30 ganz vermeiden? Dann gibt es viele Alternativen. Zwei der Beliebtesten möchten wir im Folgenden kurz vorstellen:
Kapitalisierungsgewichtetes Weltportfolio
Ihr habt keine Lust auf regelmäßiges Rebalancing, möchtet mit nur einem einzigen ETF einen großen Teil der Weltwirtschaft abdecken und die Schwellenländer mit ca. 10 % etwas weniger stark gewichten? Dann könnt ihr Welt-ETFs kaufen, die Unternehmen aus Industrie- und Schwellenländern nach dem Börsenwert gewichten. Hier stehen drei Indizes zur Wahl:
MSCI ACWI: Der MSCI ACWI investiert in große und mittelgroße Unternehmen aus Industrie- und Schwellenländern. Er deckt 85 % der Aktienmärkte in diesen Ländern ab.
MSCI ACWI IMI: Der MSCI ACWI IMI enthält zusätzlich Small Caps-Unternehmen aus Industrie- und Schwellenländern. Er deckt 99 % der Aktienmärkte in diesen Ländern ab.
FTSE All-World: Auch im FTSE All-World sind neben großen und mittelgroßen Firmen auch zusätzlich Small Caps-Unternehmen aus Industrie- und Schwellenländern enthalten. Er deckt 90 bis 95 % der Aktienmärkte in diesen Ländern ab.
Multifaktor-Weltportfolio
Manche Fachleute empfehlen die Zusammenstellung eines Multifaktor-Portfolios, das darauf abzielt, höhere Renditen als die 70/30-Strategie oder ein kapitalisierungsgewichtetes Portfolio zu erzielen.
In diesem Kontext beziehen sich „Faktoren“ auf bestimmte Merkmale von Aktien, die potenziell zu einer höheren Rendite führen können. Beispiele für solche Faktoren sind Value (unterbewertete Aktien) oder Size (Aktien kleinerer Unternehmen).
Ihr könnt euch ein Portfolio aus einzelnen Faktor-ETFs selbst zusammenbauen, aber auch einen „fertigen“ Multifaktor-ETF kaufen. Ein solcher ETF ist etwa der Multifactor Equity UCITS ETF von Gerd Kommer, der fünf Faktorstrategien miteinander kombiniert. Die Kosten der Faktor-ETFs und Multifaktor-ETFs sind allerdings höher als die von normalen ETFs. Außerdem ist umstritten, ob damit tatsächlich Überrenditen auf lange Sicht drin sind.
Wie kann ich den China-Anteil im 70/30 Portfolio reduzieren?
Falls euch bloß das hohe Gewicht chinesischer Aktien stört, habt ihr zwei Alternativen, um dieses zu reduzieren und das 70/30-Portfolio zu „retten“.
70 % MSCI World und 30 % MSCI Emerging Markets Small Cap
Der MSCI Emerging Markets Small Cap enthält ausschließlich kleine Unternehmen aus Schwellenländern. Hier liegt der Anteil chinesischer Firmen bloß bei 7,7 %. Im 70/30-Portfolio würde der China-Anteil entsprechend auf 2,3 % sinken. Den größten Anteil im Index haben Unternehmen aus Indien (26,9 %) und Taiwan (21,5 %).
Land | Anteil |
---|---|
29,9 % | |
21,7 % | |
12,0 % | |
7,7 % | |
3,9 % | |
3,5 % | |
3,3 % | |
2,8 % | |
2,7 % | |
2,5 % |
Der Index ist zudem eine Alternative, wenn ihr Small Caps stärker gewichten möchtet, um somit möglicherweise eine höhere Rendite einzufahren. Allerdings gelten kleine Unternehmen auch als riskanter, weil die Kurse etwa in Krisenzeiten stärker schwanken, und eine Outperformance ist natürlich nicht garantiert.
MSCI World und MSCI Emerging Markets ex China
Der MSCI Emerging Markets ex China enthält Schwellenländer-Aktien, schließt aber chinesische Aktien komplett aus. Falls ihr China nicht ganz aus dem Depot werfen möchtet, könntet ihr einen „MSCI China“-ETF beimischen.
Fazit: Lohnt sich die 70/30-Strategie?
Mit einem 70/30-ETF-Portfolio, das zu 70 % Aktien aus Industrieländern und zu 30 % Aktien aus Schwellenländern enthält, könnt ihr stärker in Schwellenländer investieren, als es bei einem globalen Standardindex wie dem MSCI World der Fall wäre.
Diese Strategie zielt darauf ab, von den historisch höheren Renditen der Schwellenmärkte zu profitieren. Außerdem könnt ihr mit einer stärkeren Gewichtung von Schwellenländern Klumpenrisiken in den Industrieländern – etwa den hohen Anteil von US-Aktien und IT-Titel wie Microsoft und Apple – reduzieren. Allerdings holt ihr euch mehr politische Risiken und Kursschwankungen, sowie andere Klumpenrisiken (z. B. China) ins Depot.
Mit Blick auf historische Gesamtrenditen spielt es am Ende gar keine so große Rolle, zu wie viel Prozent ihr nun genau in Schwellenländern investiert seid, denn die Unterschiede zwischen 70/30, 80/20 und 90/10 waren auf lange Sicht nicht allzu groß. Eine 90/10-Gewichtung, die in etwa der Marktkapitalisierung aller börsengehandelten Unternehmen entspricht, könnt ihr sogar mit nur einem einzigen ETF, z. B. auf den MSCI ACWI, erreichen.
Wichtiger als die genaue Gewichtung der Schwellenländer ist am Ende, wie viel Geld ihr überhaupt in Aktien investiert habt – und wie viel Prozent eures Vermögens in anderen Anlageklassen stecken.
Häufig gestellte Fragen
Ein 70/30-Portfolio beschreibt im ETF-Kontext eine Strategie, um in die Weltwirtschaft zu investieren. Es handelt sich um ein Aktienportfolio, das zu 70 % aus Aktien von Industrieländern und zu 30 % aus Aktien von Schwellenländern besteht. Es handelt sich um einen passiven Investmentansatz mit ETFs.
Das 70/30-Portfolio besteht aus zwei oder mehreren ETFs. Am verbreitetsten ist eine Mischung aus MSCI World und MSCI Emerging Markets. Alternativen sind unter anderem die Kombinationen FTSE Developed/ FTSE Emerging und Solactive GBS Developed Markets/ Solactive GBS Emerging Markets.
Ein 70/30-Portfolio besteht klassischerweise aus zwei ETFs, etwa dem MSCI World und dem MSCI Emerging Markets. Ihr könnt aber auch noch weitere ETFs hinzufügen, etwa einen Industrieländer-ETF mit Small Caps.
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