ETF Core Satellite Strategie: Wie baut man das Portfolio auf?
Eine gesunde Balance zwischen Sicherheit und Wertzuwachs – das verspricht die Core-Satellite-Strategie. Wir erklären, was der Gedanke dahinter ist, wie ihr die Strategie mit ETFs umsetzen könnt und was es dabei zu beachten gibt.
Die Core-Satellite-Strategie verspricht die Chance, ein sicheres Portfolio aufzubauen und dennoch besser als der Markt abzuschneiden.
Den Kern des Portfolios bildet ein breit gestreuter ETF (Core). Er wird um weitere ETFs, die in Nischenindizes investieren, ergänzt (Satelliten).
Für die exakte Depotzusammensetzung gibt es zahlreiche Möglichkeiten, aber leider kaum historische Daten, die die Entscheidungsfindung erleichtern könnten.
Da es sich hier nicht mehr um rein passives Investieren handelt, sind aktives Risikomanagement und Rebalancing nötig.
Was ist die Core-Satellite-Strategie?
Die Core-Satellite-Strategie ist eine Anlagemethode, bei der das Portfolio um ein zentral diversifiziertes Hauptinvestment, den sogenannten Core, aufgebaut wird. Er ist aufgrund seiner breiten Streuung relativ sicher und soll eine stabile Rendite garantieren.
Um diesen Kern herum ordnet ihr verschiedene Satelliten an. Hierbei handelt es sich um risikoreichere Assets, die gleichzeitig aber auch eine höhere Rendite versprechen.
Welchen Zweck hat die Core-Satellite-Strategie?
Die Core-Satellite-Strategie soll die Sicherheit eines passiven und die Renditechancen eines aktiv gemanagten Portfolios vereinen. Das ist für ETF-Anleger:innen besonders interessant.
Wer nämlich mithilfe von ETFs am Börsengeschehen teilnimmt, setzt dabei zumeist auf einen breiten Index. Den Markt zu schlagen, ist damit naturgemäß kaum möglich – und auch gar nicht das Ziel. Vielmehr möchte man die Marktentwicklung nachvollziehen und vom allgemeinen Wirtschaftswachstum profitieren.
Grundsätzlich ein guter Ansatz, denn: Den Markt zu schlagen, ist gar nicht so einfach. Selbst die meisten Profis scheitern daran. Studien belegen, dass sich der Großteil der gemanagten Fonds schlechter als ihre passiven Pendants entwickelt (mehr dazu in unserem Artikel ETFs vs. Fonds). Je länger die Haltedauer ist, desto besser steht man mit ETFs da.
Die Studie zeigt aber auch, dass es durchaus Portfolios gibt, die den Markt überflügeln. Die Core-Satellite-Strategie verspricht, das Beste aus beiden Welten zu vereinen: die Sicherheit eines passiven und die Renditechancen eines aktiv gemanagten Portfolios.
Die Grundlage für die Core-Satellite-Strategie lieferten die US-Ökonomen Fischer Black und Jack Treynor mit ihrem Treynor-Black-Modell, das sie 1973 in einem Aufsatz vorstellten. Anlass war die damals noch recht neue Markteffizienzhypothese.
Diese besagt, dass in hochliquiden Märkten keine Überrendite erwirtschaftet werden kann, da alle Informationen, die dem Markt zur Verfügung stehen, in den am Markt erzielten Preisen bereits enthalten sind. Wäre das wahr, wären Markt-Timing und aktives Portfoliomanagement grundsätzlich fruchtlose Unterfangen.
Black und Treynor fanden aber durchaus verschiedene Aktien, mit denen sich Überrendite erwirtschaften ließ. Sie schlugen deshalb vor, den breiten Markt über einen Indexfonds abzubilden und zusätzlich aktiv in Einzelwerte zu investieren. Da es zu diesem Zeitpunkt aber noch keine ETFs gab, wurde der Vorschlag erst mal zu den Akten gelegt.
Heute, in Zeiten von Onlinebrokern und einer schier unüberschaubaren Anzahl von Indexfonds, erfreut sich die Strategie großer Beliebtheit.
Vor- und Nachteile der Core-Satellite-Strategie
Eine Zauberformel für schnellen Börsenerfolg haben die Herren Black und Treynor aber leider nicht gefunden. Und so hat die Core-Satellite-Strategie zwar ihre unbestreitbaren Vorteile, sie kommt aber auch mit einigen Nachteilen daher, die ihr kennen solltet, bevor ihr euch an die Portfolioaufstellung macht:
Mögliche Outperformance
Es ist mit der Core-Satellite-Strategie grundsätzlich möglich, den Markt zu schlagen.Schutz vor großen Verlusten
Entwickelt sich ein Satellit nicht wie erhofft, federt der Kern den Verlust ab.Diversifizierung
Die Satelliten können auch die Diversifizierung erhöhen, was das Gesamtportfolio weiter absichert.Lernmöglichkeit
Die Core-Satellite-Strategie ist eine vergleichsweise unkomplizierte Möglichkeit, Börsenerfahrung zu sammeln und etwas über wirtschaftliche Zusammenhänge und die Portfolio-Zusammenstellung zu lernen.
Marktrisiko
Es ist möglich, schlechter als der Markt abzuschneiden.Klumpenrisiko
Durch die Übergewichtung bestimmter Branchen oder Regionen kann ein Klumpenrisiko entstehen.Aufwand
Mit der Core-Satellite-Strategie fällt mehr Arbeit an als bei einem rein passiven Portfolio.Kosten & Steuern
Beim Kauf und Verkauf der Satelliten fallen eventuell Gebühren an. Anfallende Gewinne müssen bei Liquidierung unter Umständen versteuert werden.Schwacher Forschungsstand
Die Core-Satellite-Strategie wurde bisher kaum wissenschaftlich untersucht. Es gibt also nur wenig fundierte Beweise dafür, dass es damit möglich ist, den Markt zu schlagen.
Wie baut man ein Core-Satellite-Portfolio auf?
Das Core-Satellite-Portfolio gliedert sich in zwei Hauptkomponenten: den Core und die Satelliten. Wir stellen beide kurz vor und verraten, welche ETFs dafür infrage kommen.
Der Core: Das Fundament des Portfolios
Zunächst solltet ihr euch für einen geeigneten Kern entscheiden. Da der Kern die Aufgabe hat, das Portfolio mit einer stabilen Grundrendite zu stützen, sollte es sich um einen breit diversifizierten ETF handeln.
Hier erfreuen sich ETFs auf den MSCI-World-Index großer Beliebtheit. Der Index hat sich in der Vergangenheit gut entwickelt, die Performance lag in den letzten zehn Jahren bei durchschnittlich 8,9 % jährlich. Rückschläge hat der MSCI World gut verkraftet, regelmäßig erreicht er neue Höchststände.
Hier sind die in Deutschland verfügbaren ETFs auf den MSCI World:
Alternativlos ist der Standardindex aber keinesfalls. Eine noch breitere Streuung erreicht ihr beispielsweise mit dem MSCI ACWI. ACWI steht für „All Country World Index“, der Index umfasst also auch die Schwellenländer. Konkret bildet er die Wertentwicklung von 3.000 Unternehmen aus 47 Ländern nach.
Hier findet ihr die ETF-Liste für den MSCI ACWI:
Noch etwas breiter ist der FTSE All World, der 4.300 Werte aus 49 Ländern enthält. Hier die ETFs:
Welcher Index für euch sinnvoller ist, hängt von eurer Gesamtstrategie ab. Wenn ihr plant, Schwellenländer über Satelliten abzubilden, müssen diese nicht im Kern enthalten sein.
Beim Core-ETF, der die Grundlage des Portfolios bildet, gilt das Prinzip „Buy and Hold“. Er wird einmal erworben und dann über viele Jahre hinweg gehalten.
Schwierige Marktphasen gehen auch an breiten ETFs nicht vorüber. Sollte es mal nach unten gehen, ist Ruhe bewahren angesagt. Durch die lange Haltedauer könnt ihr kurzfristige Kursschwankungen langfristig ausgleichen.
Die Satelliten: Gezielte Ergänzungen für höhere Renditen
Während der Core langfristig ein stabiles Fundament liefern soll, werden die Satelliten strategisch ausgewählt und kurz- bis mittelfristig gehalten. Im Idealfall ergänzen die Satelliten den Kern, indem sie etwa Aktien enthalten, die im Basis-ETF nicht enthalten sind.
Die offensichtlichen Optionen sind Emerging-Markets- und Themen-ETFs. Hier sind beispielsweise einige Schwellenländer-ETFs, die infrage kommen:
Der Fantasie sind hier jedoch kaum Grenzen gesetzt. Auch ein Smart-Beta-ETF, der Aktien nach bestimmten Faktoren auswählt, ist denkbar. Je nach Marktsituationen lässt sich auch mit Anleihen-Fonds eine attraktive Rendite erzielen. Andere Assetklassen, wie Edelmetalle oder Kryptowährungen, sind ebenso denkbar. Ihre Wertentwicklung lässt sich über ETPs im Depot abbilden.
Eine strategische Übergewichtung bestimmter Sektoren oder Regionen kann ebenfalls zum gewünschten Ziel führen. Von gehebelten ETFs solltet ihr aber lieber die Finger lassen. Diese Produkte versprechen zwar eine hohe Rendite, sie sind aufgrund ihrer Konstruktion aber nur auf eine sehr kurze Haltedauer ausgelegt und damit eher für Trader:innen geeignet.
Es ist zudem ein bisschen Disziplin gefragt: Hat der Satelliten-ETF die gewünschte Rendite erzielt, wird er verkauft. Fällt er unter einen bestimmten Wert, wird er ebenfalls verkauft. Dennoch gilt die uralte Börsenweisheit: „Hin-und-Her macht Taschen leer.“ Weder Gier noch Panik sind gute Investmentberater.
Bei der Auswahl der Satellites ist aktives Portfoliomanagement gefragt. Ihr müsst herausfinden, in welchen Bereichen eine erhöhte Rendite wahrscheinlich ist. Das Problem ist, dass man sich hierbei kaum auf historische Daten stützen kann. Ihr müsst also auf Basis der aktuellen Lage eine sinnvolle Zukunftsprognose aufstellen. Indikatoren für Verschiebungen am Aktienmarkt können etwa sein:
eine Veränderung in der Zentralbank-Politik
ein politischer Machtwechsel
die Etablierung einer neuen Technologie
Handelsembargos zwischen wichtigen Wirtschaftsnationen
Habt ihr einen solchen Trend identifiziert, müsst ihr außerdem entscheiden, ob der Sektor noch unterbewertet ist. Der Markt ist tatsächlich sehr gut darin, zukünftige Entwicklungen einzupreisen. Ist ein Trend so offensichtlich, dass sogar eure Eltern davon berichten, ist es wahrscheinlich bereits zu spät.
So baut ihr selbst ein Core-Satellite-Portfolio auf
Eines vorweg: Das perfekte Core-Satellite-Portfolio gibt es nicht. Die Strategie kann auf viele Arten umgesetzt werden. Ein Portfolio zusammenzustellen, das zu euren Bedürfnissen passt, ist aber kein Hexenwerk. Wir erklären in wenigen Schritten, wie ihr ein Core-Satellite-Portfolio aufbauen könnt:
Schritt 1: Ziele definieren
Zunächst solltet ihr euch über eure Ziele klar werden. Die drei Eckpunkte einer jeder Anlage sind Sicherheit, Liquidität und Rentabilität. In einer perfekten Welt wäre ein Investment also sicher, würde ordentlich Geld abwerfen und wäre trotzdem jederzeit verfügbar.Leider funktioniert der Markt so aber nicht, keine Anlage erfüllt alle drei Kriterien. Es besteht also ein Zielkonflikt. Ihr müsst entscheiden, welche Ziele euch besonders wichtig sind. Seid ihr bereit, für höhere Rendite Risiken einzugehen – oder ist es euch vor allem wichtig, dass das Geld jederzeit abgerufen werden kann?
Schritt 2: Kapitalaufteilung bestimmen
Entsprechend eurer Vorstellung, müsst ihr euch für eine Kapitalaufteilung entscheiden. Klassischerweise wählt man bei der Core-Satellite-Strategie eine 80/20-Verteilung. 80 % des investierten Kapitals gehen in die sichere Basis, die Satelliten machen zusammen 20 % des Portfoliowerts aus. Bei vier Satelliten wird ein Satellit also mit 5 % gewichtet.Bei hoher Risikoaffinität gewichtet man die Satelliten höher, bei niedriger den Core. Auch der Anlagehorizont spielt hierbei eine Rolle: Je länger das Kapital fest angelegt bleiben kann, desto höher kann der Core-Anteil ausfallen.
Schritt 3: Core auswählen
Sind die Grundlagen geklärt, wählt ihr den Core aus, um den eure Satelliten kreisen werden. Weiter oben haben wir bereits verschiedene breit diversifizierte Indizes vorgestellt. Sie alle eignen sich als Basis für das Portfolio. Es sind aber auch andere ETFs denkbar, die nicht nur in Aktien, sondern auch in Anleihen, Immobilien oder Ähnliches investieren.Schritt 4: Satelliten auswählen
Jetzt steht ein schwieriger Schritt an: die Wahl der Satelliten. Aktuelle Megatrends können bei der Orientierung eine Hilfe sein. Die alternde Gesellschaft, der Energiewandel oder künstliche Intelligenz werden uns sicher noch einige Zeit beschäftigen.Um vielversprechende Länderinvestments zu finden, könnt ihr einen Blick auf aktuelle Entwicklungen in Schwellenländern werfen. Wo stehen Wahlen an? Wo gibt es wirtschaftliche Annäherungen? Die Stimmung an den Kapitalmärkten liefert ebenfalls Anhaltspunkte. In manchen Marktphasen ist es beispielsweise vielversprechend auf Nebenwerte zu setzen, in anderen brillieren Bluechips.
Schritt 5: Portfolio pflegen
Steht das Portfolio, muss es nur noch gepflegt werden. Damit die Strategie langfristig ihre Wirkung entfalten kann, müsst ihr etwas Zeit in Risikomanagement und Rebalancing investieren.
Risikomanagement und Rebalancing
Das bringt uns zu einem Punkt, der die Core-Satellite-Strategie von passiven Anlagen abhebt: aktives Risikomanagement und Rebalancing. Ersteres ist erforderlich, weil die Satelliten ein höheres Risiko darstellen. Erfüllt eine neue Technologie die in sie gesetzten Erwartungen beispielsweise nicht, würde der Markt rasant das Interesse an den entsprechenden Unternehmen verlieren.
Damit ihr mit einem Investment nicht komplett baden geht oder Kursgewinne verschenkt, müsst ihr selbst aktiv werden. Hier sind zwei Faktoren entscheidend:
- 1.
Verluste begrenzen: Überlegt euch im Vorfeld, wie viel Verlust ihr bereit seid, mit einem ETF zu machen. Fällt der Wert des ETFs unter dieses sogenannte Stop Loss, verkauft ihr eure Anteile. Zu diesem Zweck könnt ihr bei eurem Broker auch den Stop-Loss-Ordertyp verwenden.
- 2.
Gewinne absichern: Macht euch auch Gedanken darüber, wie viel Gewinn ihr mit einem Investment für wahrscheinlich haltet. Steigt der ETF entsprechend, wird er verkauft. Hier lohnt es sich aber, flexibler zu sein und möglicherweise von weiteren Kurssteigerungen zu profitieren. Mit einer entsprechenden Verkaufsorder könnt ihr bereits erzielte Kursgewinne absichern.
Entwickeln sich die Satelliten gut, gerät euer Depot mit der Zeit aus dem Gleichgewicht. Hier kommt das sogenannte Rebalancing ins Spiel. Dabei wird das gesamte Kapital neu verteilt, um die ursprüngliche Aufteilung wiederherzustellen. Hier unterscheidet man zwischen zwei grundsätzlichen Strategien:
- 1.
Zeitgesteuertes Rebalancing: Dabei erfolgt die Anpassung in regelmäßigen Abständen. Das Intervall könnt ihr selbst festlegen, mindestens einmal im Jahr sollte die Depotaufstellung aber angepasst werden.
- 2.
Wertabhängiges Rebalancing: In diesem Fall wird das Portfolio angepasst, sobald ein bestimmtes Ungleichgewicht erreicht ist.
In der Regel geht man beim Rebalancing so vor, dass man Vermögenswerte, die sich besonders gut entwickelt haben, verkauft und solche, die sich schlechter entwickelt haben, zukauft. Das fällt vielen schwer, schließlich muss man sich von einem erfolgreichen Investment zumindest teilweise trennen.
Natürlich muss ein Core-Satellite-Portfolio auch angepasst werden, wenn sich die Marktbedingungen verändert haben. Anhand politischer und wirtschaftlicher Entwicklungen müsst ihr selbst entscheiden, ob ein Satelliteninvestment weiterhin Erfolg versprechend ist.
Fazit: Börsenerfahrung mit der Core-Satellite-Strategie sammeln
Mit der Core-Satellite-Strategie könnt ihr – im Prinzip – auch mit ETFs den Markt schlagen und eine Überrendite erzielen. Um sie umzusetzen, benötigt ihr nur ein breit gestreutes Basisinvestment (Core), z. B. einen Welt-ETF wie den MSCI World, das ihr langfristig haltet, und einige Satelliten, z. B. Emerging Markets- oder Themen-ETFs, die ihr regelmäßig kauft und verkauft.
Outperformance ist aber alles andere als garantiert: Weil es sich um eine aktive Anlagestrategie handelt, ist genauso gut denkbar, dass ihr mit der Core-Satellite-Strategie schlechter als der Markt abschneidet. Durch das stabile Basisinvestment ist das Risiko aber vergleichsweise begrenzt.
Die Umsetzung der Core-Satellite-Strategie erfordert eine gewisse Bereitschaft, sich nicht nur mit dem Weltgeschehen, sondern auch mit der Börse auseinanderzusetzen. Schließlich müsst ihr nicht nur Trends und mögliche Veränderungen in der Weltwirtschaft erkennen, sondern auch die aktuelle Marktsituation bewerten.
Ein netter Nebeneffekt ist, dass ihr dabei ein tieferes Verständnis für die Börse und die Zusammenhänge zwischen Wirtschaft, Politik und Kapitalmarkt entwickeln könnt. Die Core-Satellite-Strategie ist also eine gute Möglichkeit, erste echte Börsenerfahrung zu sammeln, ohne dabei ein allzu großes Risiko einzugehen.
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